Rezension

Eine schöne Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund

Die Tochter eines Arztes - Martina Frey

Die Tochter eines Arztes
von Martina Frey

“Du liest über Kriege, über andere Länder und ihre Sitten.Du bist nicht wie die anderen Mädchen Du bist viel zu klug und wissbegierig. Welcher Mann will eine gebildete Frau, Eugenia?, hörte sie ihren Bruder sagen. Sie streckte das Kinn vor, eine eingeübte Trotzhaltung. "Bildung kann man verstecken." "Aber nicht die Sehnsucht danach." -S. 22

Inhalt:
Eugenia, die Tochter eines Arztes ist verzweifelt, als sie mit ihrer Familie aus dem gesellschaftlichen Wiesbaden nach Holzhausen aufs Land zieht. Während sich überall im Land Stimmen nach einem Umbruch laut machen, findet Eugenia immer mehr Gefallen an dem Landleben, nicht zuletzt wegen dem ärmlichen Bauern Matthias. Doch die aufkeimende Zuneigung der beiden hat scheinbar keine Chance.

Meine Meinung:
"Die Tochter eines Arztes" erfüllt, was der Klappentext verspricht. Eine verzweifelte Liebe vor dem Hintergrund der aufkeimenden badischen Revolution 1848. Und die Autorin hat es geschafft, sowohl die Liebesgeschichte als auch die historischen Ereignisse zu einer fesselnden Handlung zu verweben und dem Leser knappe 400 Seiten in die Historie zu bieten.

Der Schreibstil, mit dem Martina Frey ihre Geschichte erzählt ist in seinen Beschreibungen sehr detailliert und doch irgendwie schlicht, da sie sich durch die Perspektive nicht wirklich lange mit emotionalen Beschreibungen aufhält. Anfangs kam mir das etwas unterkühlt und vielleicht auch zu sachlich vor, mit der Zeit gewöhnt man sich jedoch daran und erkennt, dass die Geschichte auch so gut erzählt werden kann.
Eugenia ist eine Protagnonistin, wie sie für diese Handlung wohl besser nicht sein könnte. Sie ist ein sehr starker Charakter, der anfangs wohlmöglich anecken könnte durch ihre oftmals zickige und gehobene Art. Doch genau das macht sie authentisch. Sie ist die typische junge Frau ihres Standes zu dieser Zeit, vollkommen beherrscht von dem gesellschaftlichen Denken. Doch mit der Zeit merkt man als Leser, dass auch in ihr der Wunsch nach einem Umbruch wächst und ihre Besonderheit gräbt sich Stück für Stück an die Oberfläche.
Wir erleben eine junge Frau, hin und her gerissen zwischen dem, was sie gelernt hat zu akzeptieren und sich dem zu fügen, und dem, was sie sich wünscht. Unabhängigkeit und Eigenbestimmung. Sie macht innerhalb der Handlung eine große Entwicklung durch und ist damit eine überzeugende, sowie vielschichtige Protagonistin.

Die Liebesgeschichte, welche einen großen Raum einnimmt innerhalb der Geschichte wirkt zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt oder überladen. Im Gegenteil, ganz natürlich beschreibt die Autorin die Gefühle der beide Charaktere, gibt ihnen Zeit und somit auch dem Leser die Möglichkeit, sich mit den beiden zu verlieben und ihre Emotionen nachzuvollziehen. Eine gelungene Liebesgeschichte, welche den historischen Hintergrund unterstützt und einfach passt.

Kritik gibt es an manchen Kleinigkeiten, die dem Leser innerhalb der Handlung begegnen. Zum Beispiel Eugenias familiäre Verhältnisse. Durch verwirrende Formulierungen und scheinbare Widersprüchlichkeiten der Autorin ist dem Leser nie wirklich klar, wie viele Geschwister die junge Frau nun eigentlich hat, wie sie heißen oder welches Geschlecht sie haben.Es sind minimale Nebenfiguren, die ein oder zweimal ihren Auftritt haben, aber nicht wirklich eingeführt werden. Das war wirklich schade, da es während des Lesens für große Verwirrung gesorgt  und den Lesefluss gestört hat.
Ebenfalls ein Kritikpunkt, welcher das Lesevergnügen für mich jedoch nicht unbedingt gemindert hat, ist die Tatsache, dass es keine wirklichen Überraschungen gibt innerhalb der Handlungen. Es begegnen einem viele Wendungen, die der Geschichte ein wenig Schwung geben sollen, jedoch sind diese schon lange vorher absehbar und man wartet quasi nur darauf, dass die große Katastrophe geschieht.
Dennoch hat es wirklich Spaß gemacht, "Die Tochter eines Arztes" zu lesen und an der Seite der Charaktere in das historische Geschehen einzutauchen. 4 Sterne für kleine Kritikpunkte und großen Lesegenuss!