Rezension

EINE NETTE IDEE, STILISTISCH UND INHALTLICH EHER SCHWACH UND WENIG WERTSCHÄTZEND

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge -

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
von Anja Tsokos

Bewertet mit 2 Sternen

Ein kauziger alter Mann auf seiner letzten großen Reise, die auch eine Reise in die Vergangenheit ist. Ein geheimnisvoller Brief, der an eine alte Liebe erinnert. Eine Busfahrt, die zur Erinnerungsreise an ein ganzes Leben wird, wie sich herausstellt, mit gar nicht zu gewöhnlichen Erlebnissen. So gut, so vielversprechend klingen die Ausgangsbedingungen des Romans.

 

Mich konnte der weitere Verlauf und die Umsetzung jedoch leider nicht überzeugen. Sowohl inhaltlich als auch stilistisch war mir insgesamt zu viel gewollt an Heinz Labensky.

 

Im Dialog mit Mitreisenden lernen wir auf einer langen Busreise von Erfurt nach Warnemünde, Labensky und sein Leben, und so vermutlich die Intention der Autoren, auch ein wenig die DDR kennen. In erster Linie ist dies jedoch ein Bild, wie offensichtlich die Autoren auf die DDR blicken. Auf den ersten Seiten hatte der Wohnort Labenskys in Erfurt mein Interesse geweckt, nur um dann festzustellen, dass das Autorenteam wohl nie am Bahnhof in Erfurt war, wenn sie von unten einfahrenden Zügen schreiben, während in Erfurt die Bahnhofshalle unterhalb der Gleisen liegt, die Züge somit oben fahren, und auch der Busbahnhof ganz anders angeordnet ist als im Roman. Auch die übrigen Anekdoten um Bernsteinzimmer, die RAF, etc. konnten mich nicht wirklich erreichen und wirkten bewusst konstruiert, um geschichtliche Personen und Ereignisse einfließen zu lassen. 

 

Die Charakterisierungen und Beschreibungen Labenskys wirkten auf mich überzeichnet und nicht besonders wertschätzend. Die vielfachen Rezensionen und der Klappentext, die darin eine warmherzige Darstellung sehen, sind für mich leider nicht nachvollziehbar. Da schreibt ein Autor, der selbst auf dem Buchtitel Wert auf seine akademischen Titel legt, über seinen Protagonisten dieser sei gripsmäßig so hell wie ein Tunnel. Falls das komisch sein soll, ist es leider nicht mein Humor. Insgesamt wird ein Klischee eines alten, leicht verwahrlosten, eigenbrötlerischen Mannes, grau in grau, entworfen und das nicht aus einer emphatischen, zugewandten Haltung heraus, sondern von oben herab, zu humoristischen Zwecken - der kauzige alte Ossi, der zeigen soll, dass man im Osten ja doch was erleben konnte, auch wenn er gripsmäßig eher so hell wie ein Tunnel ist.

 

Auch stilistisch konnte ich mit den vielen seltsam gestelzten Bildern und Vergleichen, wie etwa - schwitzt wie Pudding beim Picknick - wenig anfangen.

 

Ich habe gerade zwei hervorragende Romane, von Constanze Neumann und Sabine Rennefanz gelesen, die sich thematisch mit der DDR auseinandersetzen. Dagegen war im Vergleich Heinz Labensky leider eine Enttäuschung.