Rezension

Eine Liebeserklärung an das Leben

Einer da oben hasst mich - Hollis Seamon

Einer da oben hasst mich
von Hollis Seamon

Bewertet mit 5 Sternen

Richard ist 17, verknallt in Sylvie und Fan von Black Sabbath. Ein ganz normaler Teenager also – mit dem Unterschied, dass Richard und Sylvie im Hospiz leben. Sie wissen, dass ihre Zeit begrenzt ist und lassen es deshalb an diesem so ernsten Ort sehr zum Ärger des Pflegepersonals gerne richtig krachen. Manchmal aber reicht die Kraft der beiden Teens nicht einmal dafür, aufzustehen. Dann sind sie zwei kahlköpfige hilflose Wesen, die der Krebs voll im Griff hat. Doch so leicht ergeben sich Richard und Sylvie nicht…

Die US-Autorin Hollis Seamon hat mit “Einer da oben hasst mich” ein mutiges Thema für ein Jugendbuch gewählt: Den nahenden Tod zweier Teenager, die doch das ganze Leben noch vor sich haben sollten. Ihre Hauptfigur Richard, der gleichzeitig der Erzähler ist, wirkt anfangs ziemlich cool und abgebrüht. Doch Seite um Seite dringt man als Leser näher in das Seelenleben des Jungen vor. Dabei merkt man, dass seine Fassade nichts als ein Schutzschild ist. Er ist bemüht, seine Mutter aufzuheitern und ihm tut es sogar leid, dass er sie mit seiner Krankheit derart belastet. Auch vor den Pflegern und Schwestern gibt er mit gelegentlichem Sarkasmus oft den lässigen Typen. Doch in seinem Inneren hat er Angst, Todesangst. Im Laufe des Buches habe ich Richard liebgewonnen. Er ist nämlich ein sensibler und charmanter Typ, der sich niemals selbst bemitleidet. Deshalb ist “Einer da oben hasst mich” auch keine Herzschmerz-Geschichte, bei der pausenlos die Tränen kullern, sondern eine von einem starken Jungen schnoddrig erzählte Liebeserklärung an das Leben. Oft hatte ich einen Kloß im Hals bei Richards messerscharfen und schonungslosen Betrachtungen. Hochinteressante und sehr real wirkende Figuren um den Protagonisten herum, schockierende Situationen, in denen mit den Angehörigen die Nerven durchgehen, die Beziehung zu Sylvie und so manche witzige Situation machen aus “Einer da oben hasst mich” ein großartig erzähltes und ganz besonderes Buch, in das man von der ersten Silbe an regelrecht hineingezogen wird. Und wie das bei allen guten Büchern so ist: Leider war es viel zu schnell gelesen.

Die Frage nach der Altersempfehlung würde ich mit mindestens 15 Jahren beantworten. Einerseits ist das Hauptthema selbst für Erwachsene harte Kost. Zum anderen schildert Richard deutlich einige prickelnde Sexszenen. Das Thema Drogen wird am Rand gestreift.

Wer also auf der Suche nach einem tiefgreifenden, schonungslosen und emotionalen Jugendroman ist, der ohne Kitsch auskommt, wird von “Einer da oben hasst mich” angetan sein und dieses Buch nicht so schnell vergessen.