Rezension

Eine Journalistin als Ermittlerin

Narbenherz -

Narbenherz
von Anne Mette Hancock

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan ist in ein berufliches Tief geraten. Unter immer weniger Enthüllungs-Artikeln steht ihr Name allein und das Angebot ihres Chefs, ein breiteres Themen-Spektrum zu bearbeiten, scheint nur die sinkende Qualität ihrer Artikel zu bemänteln. Spätestens als Heloise entdeckt, dass sie schwanger ist, muss sie sich mit ihrem Partner Martin über beider Zukunftspläne auseinandersetzen. Die Wege Heloises und des erfahrenen Kriminalkommissars Erik Schäfer kreuzen sich (wie bereits im ersten Band der Serie), als an einem schneidend kalten Februartag der 10-jährige Lukas Bjerre vermisst wird. In Sichtweite des Kopenhagener Kastells entwickelt Hancock ein dichtes Beziehungs-Netz, das Opfer, Verdächtige, Ermittler und weitere Personen verbindet. Lukas ist der Sohn von Heloises Hausarzt und zugleich Schulkamerad von Lulu, der Tochter der Militärpsychologin Gerda Bendix. Gerda, eng mit Heloise befreundet,  therapiert traumatisierte Ex-Soldaten und dient der Journalistin als Informantin. Durch die Freundschaft der Frauen ist Heloise nun im Fall Lukas meist schneller informiert als die Polizei. Ermittler und Kriminaltechniker arbeiten praktisch Tag und Nacht, weil der Junge in der Kälte kaum Überlebenschancen hat. Zwischen sonderbarer Unkenntnis der Eltern Bjerre über ihren Sohn und Berichte über einen geheimnisvollen Unbekannten, der Kindern nachstellen sollt, tappt die Kriminalpolizei weitgehend im Dunkeln.

Als ein Erwachsener ermordet wird, findet die Polizei zwar Beweismittel für eine Verbindung zwischen dem Vermisstenfall und Personen, die im Afghanistan-Krieg eingesetzt waren, aber ihr fehlt lange Zeit ein verbindendes Mosaiksteinchen. Schäfer, der im eisigkalten Dänemark mal wieder frustriert vom dauerhaften Leben in der Karibik träumt, wird schließlich darauf gestoßen, dass Zeugen und Ermittler bisher nur gesehen haben, was sie sehen wollten. Dass  die Profilerin Michala ihrem Ex-Kollegen die Augen öffnete, wird ihn besonders frustrieren; denn Schäfer hält es für einen unverzeihlichen Fehler, dass die Polizei Michala in ein Leben als Freiberuflerin ziehen ließ.

Die Welt des Enthüllungsjournalismus, der Umgang des Landes mit seinen traumatisierten Kriegsrückkehrern, Heloises besondere Situation und Erwachsene, die Kindern nicht genau genug zuhören, verdichtet Anne Mette Hancock auf spannende, einfühlsame und dabei glaubwürdige Weise. Die zahlreichen Bündnisse ihrer Figuren lassen Kopenhagen unterhalb des Kastells wie eine Kleinstadt wirken, in der dann doch nicht jeder jeden gekannt hat.

 

Kommentare

hobble kommentierte am 27. Juli 2021 um 07:52

was fürs wunschregal