Rezension

Ein wahres Schätzchen!

Das dritte Licht -

Das dritte Licht
von Claire Keegan

Bewertet mit 5 Sternen

Auf nicht einmal 100 Seiten wird dank der dichten Atmosphäre und der perfektionierten Kunst der „literarischen Leerstellen“ die unglaublich traurige Geschichte eines irischen Mädchens geschaffen, die den Leser aufs Tiefste berührt.

Die Erzählung „Das dritte Licht“ von Claire Keegan spielt in Irland, vermutlich Anfang der 80er-Jahre, und thematisiert die Frage, ob es für ein Kind besser ist, in einer „Wahlfamilie“, die gute materielle und emotionale Voraussetzungen bieten kann, oder in seiner in jeglicher Hinsicht armen, aber kinderreichen Herkunftsfamilie aufzuwachsen.
Aus der Perspektive eines kleinen Mädchens, das namen- und alterslos bleibt, wird beschrieben, wie es den Sommer erlebt, den es bei kinderlosen Verwandten verbringt.  Vor dem Hintergrund einer erneuten Schwangerschaft seiner Mutter und den finanziellen und existenziellen Sorgen der Eltern wird es eines Tages von seinem Vater zu dem dem Mädchen unbekannten Paar gebracht und dort im wahrsten Sinne des Wortes ohne weitere Erklärungen „abgeliefert“.  Anders als bisher erfährt sie nun Aufmerksamkeit, Fürsorge und Liebe von den rührenden Kinsellas. Alles (Selbstverständliche) scheint für das Kind neu zu sein und lässt es so auch immer wieder an ihre Ursprungsfamilie denken. Dadurch wird dem Leser der Kontrast der zwei Welten schier unerträglich. Dennoch gelingt es ihm, anzukommen. Dramatisch wird es, als sich der Sommer dem Ende zuneigt....! 

Die große Erzählkunst der Autorin lässt sich durch die karge und gleichzeitig poetische Sprache begründen, die oft nur Andeutungen macht. Durch diese Auslassungen wird dem Leser sehr viel Raum gegeben, die Leerstellen zu füllen. So entsteht insbesondere der enorme Kontrast zwischen den unterschiedlichen Familien und es drängt sich nicht nur die Frage auf, ob es dem Mädchen bei den Kinsellas nicht dauerhaft besser ginge. 

Fazit: En wahres Schätzchen! Absolute Leseempfehlung!