Rezension

Ein tiefsinniger, berührender Roman

Nachruf auf den Mond - Nathan Filer

Nachruf auf den Mond
von Nathan Filer

Bewertet mit 4 Sternen

Seelenleben in Aufruhr

Die beiden Brüder Matthew und Simon sind ein gutes Team und halten zusammen, obwohl der ältere am Down-Syndrom leidet und der jüngere an Schizophrenie, haben sie sich eine eigene gemeinsame Welt aufgebaut, die sie zu Freunden und Gleichgesinnten werden lässt. Als Simon mit elf Jahren während eines Campingurlaubs tödlich verunglückt, beginnt für Matthew eine schwere Zeit. Seine Krankheit übernimmt nun das Ruder in seinem Leben und er verlässt die Schule, später wird er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, die ihm sowohl die persönliche Freiheit raubt als auch seine Emotionen abstumpfen lässt. Lediglich die Geschichten, welche er auf einer Schreibmaschine tippt, bieten ihm einen Hoffnungsschimmer und natürlich die Gespräche mit Simon, der für ihn nicht wirklich tot ist …

Auf diesem Roman bin ich dank zahlreicher sehr positiver Kritiken aufmerksam geworden, so dass ich mir unbedingt selbst ein Bild davon machen wollte. Und meine Erwartungen wurden erfüllt. Die Lebensgeschichte der beiden Brüder geht zu Herzen, sie bietet viele Momentaufnahmen aus dem Leben zweier besonderer Menschen und sensibilisiert für eine psychische Krankheit, von der ich bisher nur wenig gelesen habe. Der Schreibstil ist holprig, stellenweise unlogisch und in wechselnden Schriftarten verfasst, zwischendrin findet man sogar Skizzen. An sich trifft das nicht ganz meinen Geschmack, passt aber zur Erzählung, denn Matthew schreibt als Ich-Erzähler.

Besonders faszinierend fand ich das menschliche Verhältnis der Geschwister zueinander, ihre Zuneigung, die keine Fragen stellt, ihre Hilfsbereitschaft, die keine Grenzen kennt und nicht zuletzt ihre tiefe seelische Verbundenheit, die keiner aus ihrem persönlichen Umfeld restlos nachvollziehen konnte. Aber auch die düsteren Begebenheiten im Klinikalltag, die Abhängigkeit von ungewollten Medikamenten und den Verlust des normalen gesellschaftlichen Status auf Grund einer Erkrankung wurden hervorragend herausgearbeitet.

Fazit: Dieser Roman bietet ein hohes Potential, er befasst sich mit verschiedenen Themen unter vollkommen unterschiedlichen Gesichtspunkten. Er stellt die Frage nach der Schuld und behandelt die einhergehende Reue – aber vor allem ist es ein Appell an die Menschlichkeit, die Verbundenheit und den Mut, Menschen zu lieben, die nicht der Norm entsprechen. Lesenswert!