Rezension

Ein Lesefest

Konzert ohne Dichter
von Klaus Modick

Bewertet mit 5 Sternen

Im Zentrum dieses wundervollen Romans steht ein Bild. Heinrich Vogeler, gefeierter Jugendstilmaler und -künstler hat mit seinem Gemälde 'Das Konzert oder Sommerabend auf dem Barkenhof' ein Werk geschaffen, das den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere markiert. Nun weiß er, dass er für sein Werk einen renommierten Kunstpreis erhalten wird. Doch Vogeler weiß auch, dass er an einem Wendepunkt steht. Seine Kunst ist längst zur Dekoration erstarrt. Die Erfolge, die er beim Publikum feiert, stehen im krassen Gegensatz zu seinem eigenen Anspruch. Schon längst haben ihn andere innovativere Künstler – wie z. B. die ehrgeizige Paula Modersohn-Becker – überholt.

Es ist so vieles nicht gemalt worden, heißt es in dem vorangestellten Rilke-Zitat, das Modick seinen Lesern wie einen goldenen Schlüssel in die Hand legt. Denn die gemalte Idylle trügt. Das wichtigste Element des Bildes steckt in einem Detail, das der Maler ausgelassen hat. Das Gemälde 'Konzert' ist ein 'Konzert ohne Dichter', ohne Vogelers Freund, den Dichter Rainer Maria Rilke, der für eine kurze Zeit Teil der Worpsweder Künstlerfamilie war und von dem er sich entfremdet hat.

Vogelers Biographie ist der rote Faden, an dem sich Modick beim Erzählen orientiert. Dabei bewegt er sich sehr eng an den Quellen, die ihm durch Vogelers und Rilkes Aufzeichnungen überliefert sind. Doch Modicks Text ist weitaus mehr als die äußerst gelungene melancholische Rückschau eines erfolgreichen Künstlers auf sein bisheriges Lebenswerk. Er ist ein Roman über die Kunst und das Künstlertum an sich  - und – er ist selbst ein herausragendes sprachliches Kunstwerk!

Die Lektüre wird zum Lesefest! Jeder einzelne Satz, den der Autor seiner Leserschaft kredenzt, ist ein wahrer Hochgenuss. Modicks Roman gehört zu jenen seltenen Büchern, die dazu einladen, immer wieder gelesen zu werden ohne an Zauberkraft zu verlieren.