Rezension

Ein Jahreshighlight für mich!

NSA - Nationales Sicherheits-Amt - Andreas Eschbach

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
von Andreas Eschbach

Bewertet mit 5 Sternen

Eschbach und ich... ich gebe zu, ich hätte nicht unbedingt erwartet mal doch noch einen Roman von ihm zu lesen. Seit dem Jesus Video, das damals für mich ein absoluter Flop war, hatte ich eigentlich kein Bedürfnis mehr. Aber ich habe auch eine Schwäche für genau diese Art Themengebiete die Eschbach in seinem neuen Roman aufgreift.

 

Es hat etwas von einem neuen "1984", zugeschnitten auf unsere Zeit. "

Das sogenannte Dritte Reich als Schauplatz ist dabei der passende Spiegel für uns deutsche Leser. Wir kennen die eigentlichen historischen Zusammenhänge, manche Namen vielleicht besser als andere (etwa die der Familie Frank, die Weiße Rose). Je nach dem, wie man sich im Vorfeld damit beschäftigt hatte. 

Ein Staat, der mit seinen damaligen Mitteln genau dass getan hat, was im Eschbach im Roman erleichtert. Es wirkt sehr glaubwürdig, wenn die Handlung von der Nutzung der neuesten Technologien berichtet.

Daten sammeln dass konnten totalitäre Staaten ja schon immer gut - bis einem auffällt und auffallen soll würde ich behaupten, dass dies mehr mit unserer Wirklichkeit zu tun hat, als uns allen lieb sein könnte. Kurz denkt man vielleicht einfach nur an Trump, Putin, Erdogan, China, Nordkorea... aber auch an die Frage was geschieht eigentlich jeden Tag mit all unseren Daten, von wem werden sie wann und wo verarbeitet? Genutzt, missbraucht, vielleicht zu Marketingzwecken heute-, aber was geschieht, damit morgen und übermorgen?? Eschbachs Roman ist daher zwar gerne ein, "Was wäre, wohl gewesen wenn?" 

Gleichzeitig aber auch die Antwort: "Das könnte passieren wenn!"

 

Für mich war das spannend, ich liebe Geschichte sehr und kenne mich gerade mit dem Zeitraum, den Eschbach abdeckt, schon recht gut aus. Ich finde das er die Frage, wie neuere Techniken die Geschichtsschreibung verändert hätten, glaubwürdig beantwortet hat. Im Prinzip muss er ja nur an das Anknüpfen was schon da ist: Die Nationalsozialisten haben die damals neuesten Technologien verwendet und es wäre absolut nicht verwunderlich, das sie etwas das Weltnetz (wie unser Internet) genauso verwendet hätten, wie Eschbach das vorschlägt.

Auch die verschiedenen Möglichkeiten der Überwachung lassen ein mulmiges Gefühl zurück - ich habe mein Smartphone beim Lesen schon skeptisch angeschaut.

 

Dann wieder, ich nutze ja selbst gerade eben den Rechner, um diesen Text zu schreiben. Der Roman hat mich wirklich noch mal zum Nachdenken gebracht und mir auch wieder gezeigt, wie unbedarft wir insgesamt schon mit unseren Daten umgehen. Die Abschaffung des Bargeldes etwa hängt ja auch schon länger im Raum. Dass diese Medaille aber auch Kehrseiten hat, das machen wir uns oft ja nicht so klar. Sicher auch gerade weil wir in Europa eine sehr privilegierte Situation haben. Wir sind momentan nicht von Hungersnöten und Krieg bedroht unsere wirtschaftliche Situation ist gut. Wir leben ins Systemen, die demokratisch geprägt sind. Die Menschenrechte werden anerkannt.

Aber was passiert, wenn sich das ändert? Was passiert mit Daten von uns allen, wenn es z.B. wie im Roman, um die Frage geht wer kein Deutscher mehr sein darf? Die Daten werden genutzt, um versteckte Juden aufzuspüren und alle zu verhaften. Allein für Berlin werden so in Berlin alle noch verbliebenen Verstecke gefunden.

 

Gelungen fand ich die beiden Blickwinkel, die der Roman bietet. Helene, eine Programmstrickerin (eine Programmierin würden wir sagen) wie es im Roman heißt, die eigentlich eher unpolitisch aufwächst, dann aber durch ihre Liebe zu Arthur mit der Lebenswirklichkeit im nationalsozialistischen Deutschland konfrontiert wird. Und ihr Kollege Eugen Lettke: ein wahres Arschloch mit Verlaub. Der aber perfekt in genau diese Welt passt, in der Menschen mit bestimmten Persönlichkeiten (ein gutes Beispiel sind etwa Ärzte wie Mengele, Verschiedene Lageraufseher*innen die ihre Macht über die Gefangenen mit besonderer Grausamkeit demonstrierten) sehr gute Chancen hatten, das System für sich zu nutzen. Lettke nutzt die im Roman so geschriebenen Komputer, zu denen er Zugang hat für einen privaten perfiden Rachefeldzug. Er hat sich in seinem Leben ganz gut eingerichtet. Was mit anderen Menschen ist interessiert ihn im Grunde gar nicht.

Auch Helene hat ihre Schwächen, doch sie macht Entwicklung durch und hinterfragt ihre Handlungen immer stärker, während Lettke sich nur um sich selbst dreht.

 

Ich gebe aber auch zu, wenn es um Programmiersprache ging, habe ich das eher überflogen. Das Ganze hielt sich aber in Grenzen und war glaubwürdig in die Handlung eingebunden.Da beide Hauptfiguren im NSA arbeiten, ist es natürlich auch klar, das ihre Arbeit eine Rolle spielt. Nur durch diese Verknüpfung macht aber die Handlung auch Sinn, da einige Antworten den Figuren sonst gar nicht zugänglich gewesen wären.

"NSA" ist packend, aufwühlend, spannend, nachdenklich machend und vieles mehr. Gut dreiviertel des Romans habe ich in einer Nacht gelesen, weil ich einfach nicht aufhören konnte. So ist der Roman trotz seiner Tiefe eben auch Unterhaltung. Und die ist Eschbach wirklich sehr gelungen.

Oft beschwere ich mich das ein Autor, eine Autorin am Ende nicht genug wagt. Unbequeme Entwicklungen abmildert oder noch schnell ein Happy End hinschustert, wo es gar nicht passt.

Hier habe ich einfach einmal absolut nichts zu meckern. Das Ende ist ehrlich gesagt nichts zum Kuscheln. Aber es hat sooo gut gepasst und mich vollkommen zufrieden zurück gelassen - im Sinne das es den Roman perfekt abgerundet hat.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 12. November 2018 um 18:15

Wenn man etwas überfliegen muss in einem Buch, ist es i.d.R. keine 5 Sterne wert.