Rezension

Ein herausragender Reihenauftakt

Die Schatten von Westminster -

Die Schatten von Westminster
von C. S. Harris

Die Autorin kombiniert auf geschickteste Weise politische Intrigen, raffiniert versteckte Hinweise und außerordentlich plastische Charaktere.

Die Schatten von Westminster ist der erste Teil der packenden Sebastian St. Cyr-Reihe und entführt seine Leser in die Londoner Gesellschaft von 1811. Während die oberen Zehntausend voll und ganz mit der Möglichkeit eines politischen Richtungswechsels beschäftigt sind, geschieht in einer alten Kirche nahe der Westminster Abbey ein grausamer Mord. Eine junge Frau, die schöne und aufstrebende Schauspielerin Rachel York wird grauenhaft zugerichtet auf den Stufen des Altars gefunden. Die Behörden finden Hinweise, die alle auf einen Mann hinweisen: Sebastian St. Cyr.

Der brillante und berüchtigte Viscount Devlin, gezeichnet von seinen Erfahrungen aus dem Napoleonischen Krieg, ist schon bald gezwungen die Flucht zu ergreifen und die Aussichten auf eine Rückkehr in sein altes Leben schwinden mit jedem weiteren Tag, den der wahre Mörder frei herumläuft. Sebastian hat keine Wahl: Er muss seine Fähigkeiten und Verbindungen nutzen, um den Täter selbst ausfindig zu machen und es beginnt eine bespiellose Jagd.

Die Schatten von Westminster hat mir sehr gefallen. Es war nicht mein erstes St.Cyr Buch, aber nachdem ich von den anderen so begeistert war, wollte ich unbedingt auch den ersten Teil lesen. Und ich wurde nicht enttäuscht.
 Die Autorin schafft eine so eindringliche und fesselnde Atmosphäre, die einen von der ersten Seite an in ihren Bann zieht. Es ist erstaunlich, wie binnen kürzester Zeit Szenen und Figuren zum Leben erwachen.
Auch die Handlung hat mich vollkommen eingenommen. Sie ist düster und schockierend und gleichzeitig sehr gut durchdacht. Und obwohl es dauert, bis auch das letzte Puzzlestück des Falls enthüllt wird, hat man doch immer das Gefühl, dass die Handlung in Bewegung bleibt. Mich hat fasziniert, wie in teilweise unbedeutend erscheinenden Nebensätzen am Ende Hinweise auf die Tat oder den Täter versteckt wurden. Das hat das Miträtseln um einiges spannender gemacht. C.S. Harris versteht sich wirklich meisterhaft darauf, die Enthüllung des Falls wirklich bis zum bitteren Ende vor ihren Lesern zu verbergen. Sie kombiniert auf geschickteste Weise politische Intrigen, raffiniert versteckte Hinweise und außerordentlich plastische Charaktere, die dieses Buch zu einem wahrhaften Mystery-Erlebnis machen.

Sebastian St.Cyr ist außerdem ein faszinierender Protagonist. Er entspricht nicht dem Bild eines gewöhnlichen Edelmannes aus dieser Epoche, sondern ist viel mehr in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Er ist komplex und vielschichtig, ein vollendeter Gentleman geplagt von den Schatten seiner Vergangenheit. Er hat eigentlich alles, was von einem Mann seiner Position nach den Begriffen der damaligen Gesellschaft verlangt und gewünscht wird und doch erlauben es ihm seine Erfahrungen nicht, sich in dieser Rolle einzufinden. Das und seine besonderen „Fähigkeiten“ machen ihn zu einer sehr interessanten Figur.
Gut gelungen sind auch die Nebencharaktere, die in diesem Buch etabliert werden. Einige von ihnen sind nur wegen des Falls von Bedeutung, andere wird man auch in den weiteren Teilen der Reihe wiedersehen. Die Autorin hat es ganz geschickt angestellt, neben den Mordermittlungen auch noch Raum für das „Privatleben“ ihrer Figuren zu lassen. So wird die Geschichte nicht nur facettenreicher, sondern dem Leser offenbart sich auch eine Art roter Faden, der sich durch die einzelnen Teile schleichend, aber stetig fortsetzt und einen an das Schicksal der Charaktere fesselt.
Der historische Rahmen ist gut recherchiert und wird glaubhaft in die Handlung mit eingeflochten.

Alles in allem fand ich diesen ersten Teil wirklich grandios. Eine gekonnte Kombination von historischem Setting und cleverem Kriminalfall und gleichzeitig ein sehr gelungener Auftakt für die ganze Sebastian St.Cyr Reihe. Diese war für mich eine reine Zufallsentdeckung und gehört inzwischen zu meinen Lieblings-Buchreihen, daher kann ich Die Schatten von Westminster unbedingt empfehlen.