Rezension

Aus dem Fenster

Sehnsucht nach Mill River - Darcie Chan

Sehnsucht nach Mill River
von Darcie Chan

Bewertet mit 4 Sternen

Mill River, ein kleiner Ort in Vermont. Jeder kennt hier jeden – und jeder kennt die weiße Marmorvilla der Witwe Mary McAllister. Mary selbst hat aber fast keiner der Bewohner jemals zu Gesicht bekommen. Seit fast 60 Jahren hat sie ihre Villa nicht mehr verlassen, meidet jeden Kontakt zu anderen Menschen. Einen einzigen Vertrauten hat sie: Father Michael O’Brien. Er besucht sie regelmäßig und lässt sie teilhaben an allem, was in dem kleinen Ort geschieht. Denn Mary mag die Menschen, die dort leben und wäre gern ein Teil ihrer Gemeinschaft. Sie mag sie und fürchtet sie gleichzeitig, allein der Gedanke an den Kontakt mit einem anderen Menschen versetzt sie schon in Panik. Und die Gründe dafür liegen weit in ihrer Vergangenheit…

In Rückblenden erfahren wir die wesentlichen Ereignisse aus Marys Vergangenheit. Ich fand es sehr traurig zu beobachten, wie aus einem schlimmen Erlebnis, das mangels vernünftiger ärztlicher und psychologischer Betreuung nicht verarbeitet werden konnte, eine ausgewachsene Angststörung wurde. Eine Sozialphobie, die es Mary unmöglich machte, andere Menschen zu treffen. Da sie sehr darunter leidet, erzählt Father O’Brien ihr regelmäßig alles, was es bei den Bewohnern des Ortes Neues gibt. Und Mary verbringt viel Zeit am Fenster, um dem Leben da draußen zuzusehen.

So erfahren auch wir so einiges: Wir lernen Claudia kennen, die junge Lehrerin, die in Mill River ein neues Leben beginnen will. Den jungen Polizisten Leroy, der ihr nachstellt und seinen Partner Kyle, der nach dem Tod seiner Frau seine kleine Tochter alleine erzieht. Die Krankenpflegerin Jean, eine völlig normale Frau mit ganz gewöhnlichen Problemen und Daisy – alles andere als gewöhnlich und als selbsternannte Zauberin des Ortes ist sie gleichzeitig exzentrisch und liebenswert.

Die meisten Charaktere waren mir sehr sympathisch und ich war gespannt, wie es ihnen wohl ergehen mochte. Und auch neugierig darauf, ob es für Mary und die Bewohner von Mill River noch ein gutes Ende geben kann. Das Buch war sehr flüssig zu lesen und ich konnte mich wirklich schwer losreißen. Und trotz des ernsten Hintergrundes war es oft auch ein Wohlfühlbuch, einfach aufgrund einiger besonders liebenswerter Personen. Gleichzeitig ist das aber auch ein Kritikpunkt, da mir manchmal das Buch zu schön erschien für einen so ernsten Hintergrund. Und den negativen Charakteren hat es mir ein wenig an Tiefe gefehlt.

Was aber wirklich schön ist, ist das Cover. Und der Buchschnitt ist mit einem rosa Blumenmuster verziert. :-)