Rezension

Voriges Jahr, zu Halloween

Halloween - Stewart O'Nan

Halloween
von Stewart O'Nan

Bewertet mit 5 Sternen

„Wir sind bloß ein Haufen dumme Jugendliche, die Spaß haben. Wir wünschen uns, dass diese Nacht nie zu Ende geht.“

Es ist Halloween in Avon, eine kleine Stadt in Connecticut. Voriges Jahr erschütterte ein schwerer Autounfall die Gemeinde. Drei Jugendliche starben. Kyle und Tim haben überlebt, aber seit diesem Tag an den Folgen zu tragen. Der eine entstellt und aufgrund seiner schweren Kopfverletzungen mental beeinträchtigt. Der andere äußerlich unversehrt leidet an dem psychischen Trauma. Heute machen sich die Geister der drei toten Teenager breit in Avon, begleiten ihre Freunde, Eltern, den Polizisten, der damals die Verfolgung des Wagens aufnahm.

„Halloween“ von Stuart O’Nan ist eine Geistergeschichte, aber keine Gruselgeschichte. Kein Aufmarsch von Untoten oder anderen monströsen Gestalten. Halloween ist eine hervorragend und ungewöhnlich erzählte Geschichte von Freundschaft, Verlust, Trauer, Verantwortung und Schuld.

Erzählt wird die Geschichte unter anderem von Marco, der damals den Unfallwagen lenkte. Seine beiden Freunde Toe und Danielle, fallen ihm gerne ins Wort, greifen vor, berichtigen ihn. Die drei Geister nehmen uns an der Hand, führen uns in die Häuser ihrer überlebenden Freunde, in den Einsatzwagen von Officer Brooks, der auch an diesem Halloween Dienst hat und dessen Schuldgefühle erdrückend sind. Wir sehen Kyles Mutter, die sich um ihren Sohn wieder wie um ein Kleinkind kümmern muss. Es gibt einen „Kyle davor“, wild, draufgängerisch, unberechenbar, und einen „Kyle danach“, der mit seiner Lunchbox zu seinem Job im Supermarkt dackelt. Da ist Tim, der für Kyle im Alltag viel Verantwortung übernimmt und dabei nur einen einzigen Plan verfolgt, den er genau ein Jahr nach dem verheerenden Unglück umsetzen will.

„Also komm, Freund, Fremder, Geliebter, Nachbar. Komm aus deinem behaglichen Zimmer mit dem Großbildfernseher, komm aus deinem warmen Haus in die kühle Nacht hinaus.“  

Halloween ist ein sehr leises Buch über das Sterben, Überleben, Weiterleben, Erinnern und Schuld und lässt einen eigentümlich schaudern. Stuart O’Nan beschreibt eine Kleinstadttragödie, schaut sehr genau in die Wohnzimmer und dunklen Ecken, in die räumlichen und diejenigen, die tief in den Menschen drinnen sind. Er spickt das Buch mit Elementen amerikanischer (Horror)Literatur und der amerikanischen Popkultur, widmet das Buch Ray Bradbury und stellt dem Buch ein Zitat von Kurt Cobain voran.  „I hate myself and want to die.”
Sehr viel besser kann man das Buch in Kürze nicht zusammenfassen.