Rezension

Süß, aber ohne Tiefe

Das Glück in tausend Worten -

Das Glück in tausend Worten
von Maria Andreu

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ganz süß, vor allem der Umgang mit Sprache gefällt mir. Insgesamt aber zu wenig Tiefgang in Figuren und Plot.

Vielen lieben Dank an den Dragonfly-Verlag und das Harper Collins-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Mir gefällt vor allem die Farbgebung des Covers sehr gut und auch die beiden Silhouetten mit dem Herz als Schatten ist sehr niedlich. Ein bisschen irreführend finde ich, dass die beiden Figuren Handys in der Hand halten, so als würden sie miteinander schreiben, während sie aufeinander zugehen, denn im Buch spielen Chats so gut wie gar keine Rolle – alles wird von Angesicht zu Angesicht oder über Gedichte kommuniziert.
Der Titel klingt nicht nur sehr poetisch, er passt auch unglaublich gut zum Inhalt, was einem erst dann bewusst wird, wenn man das Buch beendet hat. Beim Lesen ist man zugegebenermaßen etwas verwirrt davon (warum kann ich, ohne zu spoilern allerdings nicht sagen :D), aber hinterher ergibt alles einen Sinn!

Meine Meinung:
Würde ich meine Meinung zu „Das Glück in tausend Worten“ kurz und knapp zusammenfassen müssen, würde ich genau das sagen, was ich oben geschrieben habe: Süß, aber ohne Tiefe. Versteht mich nicht falsch, das Buch ist durchaus gut und auch lesenswert, allerdings eignet es sich eher zum Abschalten als zum Abtauchen und allzu viel dürfte man davon auch nicht erwarten.

Was mir auf Anhieb allerdings sehr gut gefallen hat und was mir an dem Buch durchweg positiv aufgefallen ist, ist der Umgang mit Sprache sowohl als solche aber auch als Stilmittel.
So werden zum Beispiel einzelne Satzteile durch xxx ersetzt, wodurch man wie Ana auch nicht alles versteht und sich einiges aus dem Kontext erschließen muss. Ich habe mich anfangs gefragt, wie die Autorin das Verständnisproblem der Protagonistin deutlich machen will, vor allem für jemanden, der mit so einer Situation noch nie konfrontiert wurde, wie mich. Dabei hat Andreu eine so simple Lösung gefunden, die gleichzeitig genialer nicht sein könnte. Auch wenn ich mir sicher bin, dass ich Anas Situation niemals ganz nachempfinden könnte, wenn ich mich nicht selbst mal einer solchen stellen müsste, denke ich doch, dass ich mich dadurch ein kleines bisschen leichter in sie hineinversetzen und mir wenigstens ansatzweise vorstellen konnte, wie schwierig es für sie sein muss, in einem fremden Land an eine Schule gehen zu müssen, wo alle nur eine Sprache sprechen, die sie selbst kaum beherrscht. Das hat mir an diesem Buch am besten gefallen!

Ähnliches gilt im Übrigen auch für Anas Gedichte, die nicht nur aus poetischer Sicht einfach schön sind, sondern ihren inneren Konflikt ebenso gut verdeutlichen wie die xxx. Hinzu kommen die Vergleiche Anas der argentinischen und US-amerikanischen Kultur und selbst bei der Gegenüberstellung von Neo, ebenfalls ein Einwanderer, und Harrison, ein Junge, der in den USA geboren und aufgewachsen ist, sowie ihr jeweiliger Umgang mit Ana, ist der Autorin die Darstellung des Kontrastes, den die Protagonistin täglich bewältigen muss, hervorragend gelungen.

Hier hören aber die Besonderheiten des Buches auch schon auf, den Rest kann ich leider nur mit „nett“ umschreiben.
Die Protagonistin selbst ist einem nämlich durchaus sympathisch. Abgesehen von ihrer Einwanderung in die USA hat sie mit den typischen Problemen eines 16-jährigen Mädchens zu kämpfen – leider bleibt sie dabei eher blass. Ihr fehlt es sowohl an emotionaler als auch an charakterlicher Tiefe, sodass ich sie zwar, wie gesagt, ganz sympathisch fand, aber keine richtige Bindung zu ihr aufbauen konnte.

Entsprechendes gilt für die Nebenfiguren und die Beziehungen der Figuren untereinander. Sie sind zwar allesamt „da“, aber wirklich nachempfinden kann man die Gefühle und Konflikte der einzelnen Personen nicht. Insbesondere Anas und Altagracias Freundschaft hätte meiner Meinung nach so viel mehr Aufmerksamkeit verdient. Hier besteht wirklich viel Potenzial, aber leider wird sie gar nicht entwickelt, hat keine Höhen und Tiefen, sondern ist eben irgendwann einfach da. Als Leser mag man Altagracia zwar sehr und verfolgt auch ihre und Anas Freundschaft gerne, aber das Verständnis, wieso die beiden jetzt Freundinnen geworden sind und was sie abgesehen davon, dass beide Familien aus Lateinamerika eingewandert sind, verbindet, bleibt aus.

All das ist wirklich schade, da ich mir sehr gut vorstellen könnte, dass „Das Glück in tausend Worten“, hätte es an den richtigen Stellen die nötige Tiefe erhalten, ein sehr emotionales Buch hätte werden können.

Fazit:
„Süß, aber ohne Tiefe“ – mein Titel für diese Rezension und die vier Worte, mit denen ich „Das Glück in tausend Worten“ zusammenfassen würde.
Der Umgang mit der Sprache, die Stilmittel und die Kontraste, mit denen die Autorin hier arbeitet, sind wirklich schön und erleichtern dem Leser, sich in Anas Situation hineinzuversetzen.
Alles andere – die Protagonistin, die Nebenfiguren, die freundschaftlichen wie auch die Liebesbeziehungen – hat leider keine Tiefe, sodass es einen nicht wirklich berühren kann. Es macht durchaus Spaß, dieses Buch zu lesen, und es ist auch eine gute Ablenkung vom Alltag, aber allzu viel kann man hier nicht erwarten.
3,5/5 Lesehasen.