Rezension

Schönes Kinderbuch in zwei Welten

Hinter dem Wasserfall - Oliver Jungjohann

Hinter dem Wasserfall
von Oliver Jungjohann

Bewertet mit 5 Sternen

„...Eine Freundschaft ohne Vertrauen ist keine Freundschaft...“

 

Die elfjährige Finja hat mit ihrem neunjährigen Bruder Aaron ein kleines Abenteuer geplant. Weil die Eltern auf einer Geburtstagsfeier sind, wollen die Kinder eine Nachtwanderung zum nahegelegenen Waldsee unternehmen. Als Aaron einen Pilz pflückt, entsteigt dem ein blaues Pulver und senkt sich auf dem See. Von einem Ast aus beobachten die Kinder den entstehenden Strudel. Doch der Ast bricht und die Kinder verschwinden im See. Dort finden sie eine völlig andere Welt vor.

Der Autor hat ein spannendes und abwechslungsreiches Kinderbuch geschrieben. Das Buch lässt sich gut lesen. Dazu trägt nicht nur die große Schrift, sondern auch die in handliche Abschnitte gegliederten Kapitel bei.

In der Welt der Elfen hinter dem Wasserfall herrschen paradiesische Zustände. Dafür aber ist sie sehr zerbrechlich. Ohne ein bestimmtes Pulver kommt es zu einer großen Dürre. Die hat schon angefangen, denn nur der Traumwanderer, ein Vogel, ist in der Lage, in die Welt der Menschen zu gelangen und dieses Pulver zu holen. Von seiner letzten Reise aber ist er nicht zurückgekehrt.

Das Besondere des Buches besteht darin, dass beide Welten strikt getrennt sind. Fähigkeiten, die Aaron und Finja im Reich der Elfen haben, können sie nicht mit in ihre Realität nehmen. Gleichzeitig haben die Elfen keinerlei Möglichkeit, ihre Welt zu retten oder sie zu verlassen.

Der Schriftstil des Buches ist der Zielgruppe angepasst. Mit passenden Metaphern wird die Elfenwelt und ihre Schönheiten beschrieben. Ganz behutsam werden romantische Elemente eingefügt. Die Protagonisten sind gut charakterisiert. Finja mag den Umgang mit ihren Freundinnen. Deren spitze Bemerkungen über Finjas erste Zuneigung zu Toni steckt sie gut weg. Aaron ist handwerklich begabt, wird aber in der Schule gemobbt. Gut gefallen hat mir das Verhältnis der Geschwister. Sie machen viel gemeinsam und lassen einander doch den nötigen Freiraum. Gut herausgearbeitet wird, dass der Aufenthalt in der Elfenwelt nicht ohne Einfluss auf die Kinder bleibt. Aaron gewinnt an Selbstbewusstsein. Ein Gespräch mit den Eltern führt zu positiven Veränderungen im Zusammenleben. Die Prioritäten werden anders gesetzt. In vielen Situationen werden die Emotionen sehr realistisch wiedergegeben. Als Beispiel sei das mulmige Gefühl beim anfänglichen Waldspaziergang genannt. Nicht nur die Themen Freundschaft und Vertrauen, wie obiges Zitat zeigt, werden kindgerecht diskutiert.

Sehr schöne farbige Zeichnungen illustrieren die Geschichte.

Das dunkle Cover mit dem Wasserfall im Hintergrund und dem Mädchen an der linken Seite wirkt geheimnisvoll.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Auf gekonnte Weise wurden soziale Fragen der Gegenwart mit der Rettung einer fiktiven Welt verknüpft. Am Ende haben die Wesen beide Welten, sprich die Kinder und die Elfen, davon profitiert.