Rezension

Rebellinnen in einer feindseligen Welt

Die Töchter des Nordens
von Sarah Hall

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Die Töchter des Nordens” spielt in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft. England ist stark vom Klimawandel getroffen. Eine Rezession, außenpolitische Probleme, Kriege, Rohstoffmangel und Epidemien haben zum Zusammenbruch der Zivilisation geführt. Nun herrscht ein totalitäres Regime, ein großer Teil der Menschen lebt in Städten, wo sie stumpfsinnigen Arbeiten nachgehen und sich mit Drogen betäuben. Mutlosigkeit, Überdruss und Verbitterung haben längst um sich gegriffen.

Der Körper von Frauen ist in dieser Welt fremdbestimmt. Sie werden gezwungen zu verhüten und es ist dieser Akt der Gewalt, der der Protagonistin letztlich die Kraft gibt, zu fliehen.
Ihr Ziel ist die abgeschiedene Farm Carhullan, auf der Frauen in einer Gemeinschaft zusammen leben. Doch selbst die Mauern dieser Utopie sind nicht stark genug, um die Außenwelt von einem gewaltsamen Eindringen abzuhalten.

In der fiktiven Welt des Romans zählt nur noch das Überleben. Alles ist auf das Wesentliche reduziert. Auch die sexuellen Triebe sind entfesselt und wirken rauer, roher. Der Körper ist darüber hinaus ständigen Verletzungen und Verwundungen ausgesetzt und muss abgehärtet und gestärkt werden, um die harte Arbeit auf der Farm aushalten zu können und sich gegen Angriffe verteidigen zu können.

Doch es ist nicht unbedingt diese Körperlichkeit, die den Roman für mich aus der Masse an dystopischen, eco-feministischen und Climate Fiction Texten herausstechen lässt. Vielmehr sind es die Allgegenwart der Natur, die Verbindung von Mensch und Natur und die Landschaftsbeschreibungen. Während die Protagonistin in der Natur zunächst vor allem einen Zufluchtsort sieht, die Natur bis zu einem gewissen Grad sogar romantisiert, muss sie schon sehr bald am eigenen Leib erfahren, wie hart das Überleben in ihr ist. Doch trotzdem geht auch eine Befreiung und ein Selbstfindungsprozess mit ihrer Flucht in die Natur einher.

Der Roman stellt die Frage, was man bereit ist zu opfern, um für die eigenen Ideale zu kämpfen. Er idealisiert und verklärt nicht und stellt auch die weiblichen Hauptfiguren und die Gemeinschaft der Frauen auf authentische Weise dar.