Rezension

Es fehlt Motivation

Die Töchter des Nordens
von Sarah Hall

Bewertet mit 3 Sternen

Der Anfang dieses Buches ist höchst vielversprechend.

Da wird ein vernichtetes England heraufbeschworen, dass finsterer nicht sein könnte. Man denkt an Margaret Atwood, wenn man liest, wie es der Frau ergeht, die hier berichtet und sagt, sie heißt inzwischen nur noch „Schwester“. Das Land ist zu großen Teilen überschwemmt, die Wirtschaft am Boden und wird von einem diktatorischen Regime regiert, dass Frauen übelst unterdrückt. Ja, denkt man, eine AFD oder Taliban-Regierung, eine Wirtschaftskrise, Corona, zwei Jahre Überschwemmungen überall, schon wären wir ganz nah an diesem Szenario. Gruselig!

Schwester will dem entfliehen und sich einer Frauengruppe anschließen, die gerüchtehalber in den Bergen lebt.

Diese Aufzeichnungen sind Gerichtsakten, ihr Vernehmungsprotokoll, das uns schon zu Anfang klar macht, dass es kein gutes Ende nehmen wird.

Die Situation ist wirklich fesselnd beschrieben. Man ist nah dran an diesem Elend, fragt sich, wie es so weit kommen konnte und ist gespannt, wie es weitergeht.

Leider hält sich das Buch in dieser Hinsicht bedeckt. Es gibt Andeutungen, aber was genau passiert ist, kann man nur mutmaßen. Auch dieses seltsame Regime bekommt kein Gesicht und ist tatsächlich nur England betroffen? Schwer vorstellbar.

Nach etwa der Hälfte des Buches kippt das Geschehen dann komplett. Für mich war nicht mehr nachvollziehbar warum passiert was dort passiert. Ja, es ist noch immer sehr schrecklich und auch plastisch, aber man fragt sich hauptsächlich: WARUM nur? WARUM???? Es werden Gründe angeführt, aber die sind nicht sehr überzeugend. Die Handlung eskaliert unnötig, das Personal dreht durch.

Bleibt die Frage: Was will uns die Autorin damit sagen? Frauenterror ist nicht besser als Männerterror? Ich hätte mir etwas Eleganteres gewünscht, die Anlagen dazu waren da.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 12. September 2021 um 18:31

Ach je - es kann sein, dass einem manchmal einfach nichts einfällt. *ggg*. Aber man will auf dem Zug der Dystopie und des Frauenbashings mit dabei sein.
 

Sursulapitschi kommentierte am 12. September 2021 um 18:55

Ja, ich weiß auch nicht. Gute Idee, nichts draus gemacht.