Rezension

Im Leben muss man Federn lassen

Gwendys Zauberfeder -

Gwendys Zauberfeder
von Richard Chizmar

Bewertet mit 4 Sternen

Stephen Kings Castle Rock wird erneut vom Bösen heimgesucht. Es verschwinden Mädchen und die Polizei hat nicht die geringste Spur, wo sie mit den Ermittlungen ansetzen soll. Zur gleichen Zeit kehrt die Politikerin Gwendy Peterson für einige weihnachtliche Urlaubstage in ihre Heimatstadt zurück. Und es taucht ein Artefakt ihrer Vergangenheit auf.

„Gwendys Zauberfeder“ ist die Fortsetzung von „Gwendys Wunschkasten“, das von Stephen King und Richard Chizmar gemeinsam geschrieben wurde. Meiner Meinung nach ist es wichtig, zuvor den ersten Teil zu lesen, weil es ansonsten Verständnisprobleme gibt.

Während der Weihnachtsfeiertage stehen für Gwendy Entspannung und Erholung an. Dafür kehrt sie zu ihren Eltern nach Castle Rock zurück. Sie erfährt von den vermissten Mädchen und plötzlich taucht eine Bürde aus vergangenen Tagen wieder auf.

Im Mittelpunkt steht gar nicht die Handlung um die Zauberfeder oder um die verschwundenen Mädchen, sondern Gwendy als Hauptfigur. Das Geschehen an sich wird an den Rand gedrängt und es ist eher ein Roman, der zum Wohlfühlen als zum Schauern einlädt.

Trotzdem hat es mir gefallen, weil ich Gwendy bereits im ersten Band ins Herz geschlossen habe. Es war faszinierend zu erfahren, wie es einer Romanfigur nach ihrer großen Geschichte ergeht, wie sich ihr Leben entwickelte, und, ob sowie wann sie noch an damals denkt.

Zuerst wird Gwendys Alltag als Politikerin in Washington beschrieben und Licht auf ihren beruflichen Werdegang geworfen. Wer hätte gedacht, dass die Protagonistin aus „Gwendys Wunschkasten“ eine derart erfolgreiche Person werden wird?

Richard Chizmar führt die gemeinsame Grundlage mit Stephen King im eigenen Stil gelungen fort. Im Zentrum stehen Zweifel am persönlichen Weg, wenn man die Lebensmitte erreicht, unvermeidbare Schicksalsschläge und Fragen, was man positiv beeinflussen kann. Gwendy denkt über ihre bisherigen Erfolge nach, reflektiert das Geschehen um sich herum und erkennt, dass sie trotz all ihrer Anstrengungen nicht für jedes Problem eine Lösung parat hat. Es zeigt sich, dass man im Leben Federn lässt, egal wie sehr man sich bemüht.

Mir gefällt die Geschichte. Sie ist ausgesprochen ruhig erzählt. Es gibt wenige Höhen und Tiefen, und trotzdem herrschen Anspannung und Faszination von der ersten Seite an.

Dabei ist das Geschehen von einem schaurigen Grundton untermalt, weil es selbstverständlich übernatürliche Elemente gibt. Damit wird für wohliges, aber harmloses Schauern gesorgt, das äußerst angenehm zu lesen ist.

Gefallen hat mir zudem, dass dieser Roman um Weihnachten angesiedelt ist, und vor allem in der meist gemächlichen Zeit zwischen den Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Die Stimmung fand ich perfekt eingefangen. Chizmar schildert die gemischte Gefühlswelt, während man zur Ruhe kommt, auf das bisher Erreichte schaut und gleichzeitig den ersten Hauch des Neuen sieht.

Meiner Meinung nach ist es eine nette Ergänzung zum ersten Teil, die zwar nicht vollständig mithalten trotzdem gut unterhalten kann. Dennoch hoffe ich, dass der dritte Band um „Gwendys letzte Aufgabe“ gemeinsam mit Stephen King wieder dichter sowie einnehmender erzählt ist und mehr mit der Handlung packen wird. 

Die Reihe um Gwendy:
1) Gwendys Wunschkasten
2) Gwendys Zauberfeder
3) Gwendys letzte Aufgabe