Rezension

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Ich sehe nur dich.

Too Late - Colleen Hoover

Too Late
von Colleen Hoover

First of all: Dieses Buch braucht eine Triggerwarnung! 

Wenn man Probleme hat, sich literarisch mit den Themen Vergewaltigung, häusliche Gewalt, toxische Beziehung, Drogenkonsum, Waffengewalt, Stalking und Narzissmus auseinanderzusetzen, sollte man besser die Finger davon lassen.

 

Zusammenfassung:

Die Studentin Sloan hat nie gelernt, wie sich gesunde Liebe anzufühlen hat und geht deswegen eine Beziehung mit ihrem übergriffigen Kommilitonen Asa ein. 

Asa lebt einen luxuriösen Lifestyle, denn er ist der Kopf des größten College-Dorgenrings in den USA. Als Sloan von seinen Machenschaften erfährt, versucht sie ihn zu verlassen, scheitert jedoch, da sie sich selbst und ihren kranken Bruder ohne Asas Hilfe nicht finanzieren kann.

Gemeinsam leben die beiden in einem Haus, in dem immer Fremde zu Gast sind und die Partys niemals zu Ende gehen. Sloan belastet diese Situation sehr, Asa ist blind für ihr Leid und gleichzeitig besessen von seiner Liebe zu ihr. 

Carter ist ein verdeckter Ermittler und scheust sich gemeinsam mit einem Kollegen in Asas engsten Kreis ein, mit dem Ziel Beweise gegen ihn zu sammeln und ihn vor Gericht zu bringen. Sloan und er verlieben sich Hals über Kopf ineinander, sind sich aber bewusst, dass Asa sie niemals gehen lassen wird. Lieber würde er einen Mord begehen.

 

Meine Meinung:

Mir gefällt das Cover der Paperback-Version besser. Es hat dafür gesorgt, dass der Film in meinem Kopfkino die ganze Zeit über in Rotlicht getaucht war. 

Der Titel des Buchs irritiert mich, weil ich absolut keinen Zusammenhang zur Handlung sehe. Ich kann nicht verstehen, warum man ausgerechnet "Too late" gewählt hat. Mein Vorschlag für die deutsche Übersetzung wäre: "Ich sehe nur dich." gewesen. Das hätte in vielerlei Hinsicht gepasst und ist eine wesentliche Textzeile im Buch.

 

Ich mochte vor allem den Aufbau des Buchs. Es ist zu Ende und dann quasi doch nicht. Die Geschichte wird nach dem eigentlichen Ende in mehreren Handlungssträngen weitererzählt. Das gefällt mir, weil ich oft in Büchern das Bedürfnis habe zu erfahren wie es nach dem Happy/ Tragic End mit den Charakteren weitergeht. Ich würde gerne noch aus ihrem neuen Alltag lesen oder einen Einblick in ihre Zukunft erhalten. 

Der Schreibstil ist flüssig, obwohl das Wort "total" für meinen Geschmack ein bisschen zu inflationär gebraucht wird. 

 

"Too late" ist das zweite Buch von Colleen Hoover, das ich gelesen habe. Zuvor bin ich dem Hype um "Verity" erlegen und obwohl ich da schon mit verschiedenen Aspekten meine Probleme hatte, fand ich die Geschichte so klug aufgebaut, dass ich gerne noch mehr "Frauenthriller" der Autorin lesen wollte.

"Too late" hat inhaltlich sowohl meine guten Erwartungen erfüllt, als auch meine schlechten.

 

Es ist interessant, dass das Buch kein wirkliches Setting hat. Die Stadt und der Bundessaat werden nicht beim Namen genannt. Die Schauplätze werden so gut wie nicht beschrieben. Nicht einmal Asas Haus. Der Fokus liegt rein auf dem Erleben der Protagonisten. Trotzdem schafft es das Buch dem Leser eine dunkle und spannungsgeladene Atmosphäre zu vermitteln. 

 

Obwohl die Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive der drei Hauptcharaktere erzählt wird und man dadurch viel Innensicht erhält, wirkt vor allem Luke sehr flach auf mich. Man erfährt einfach zu wenig über ihn als Mensch. Seine Vergangenheit bleibt beinahe völlig im Dunkeln. Der Fokus liegt darauf, ihn als respekt- und verständnisvollen Retter darzustellen. Sein einziger Makel ist es, dass er zu gutherzig für den Job als Polizist ist. 

Sloan konnte ich besser greifen. Man erfährt, wo sie herkommt, was sie antreibt und wovon sie träumt. Es ist einfach sie zu mögen, obwohl ich die Darstellung ihrer Person trotzdem für problematisch halte. Sloan erträgt die emotionale und körperliche Gewalt, die Asa ihr gegenüber anwendet in so gut wie jeder Situation widerstandslos. Das ist bestimmt eine nachvollziehbare und realitätsnahe Verhaltensweise, die man bei vielen Opfern findet. Ich mag es jedoch nicht, dass im Buch immer wieder betont wird, dass dieses Ertragen und Aushaltenkönnen sie zu einer so außergewöhnlich starken Person macht. An manchen Stellen kommt es mir so vor, als würde zwischen den Zeilen gesagt werden, dass es weniger stark gewesen wäre, wenn sie zur Polizei gegangen wäre oder sich gegen Asa gewehrt hätte.

Die Kapitel, die aus Asas Sicht geschrieben wurden, waren für mich oft nur schwer zu ertragen. Es ist offensichtlich, dass Colleen Hoover einen Protagonisten mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung schreiben wollte. Er ist völlig unfähig dazu Gefühle anderer Menschen einordnen zu können und selbst seine Liebe zu Sloan ist Ich-fokussiert. Die Art und Weise wie er den Sex zwischen sich und Sloan schildert, ist wirklich nichts für schwache Nerven. Das sollte einem unbedingt klar sein, wenn man sich für dieses Buch entscheidet.

 

Wie bereits erwähnt mochte ich den Aufbau mit der Geschichte nach der Geschichte. Allerdings war mir der Inhalt hier ein bisschen zu dramatisch. 

ACHTUNG SPOILER:

Als Sloan ihre Rache hatte, hätte die Geschichte vorbei sein sollen. Die Schwangerschaft und die ziemlich detailreiche Vergewaltigungsszenen wären wirklich nicht mehr nötig gewesen.

 

Fazit:


„Too late“ von Colleen Hoover ist prinzipiell ein gutes Buch, das ich jedem empfehlen würde, der Lust auf Spannung hat und mit Abgründen umgehen kann. Ich konnte das Ende bzw. die zwei bis drei Enden nicht sicher vorausahnen und das ist ja bekanntlich immer ein gutes Zeichen. Trotzdem hätte hätte man auf die ein oder andere ausführliche Sexszene zwischen Asa und Sloan verzichten können. Das hätte der bedrohlichen Stimmung keinen Abbruch getan.