Rezension

Gelungenes Krimi-Debüt

Dein finsteres Herz
von Tony Parsons

Bewertet mit 4 Sternen

Vor zwanzig Jahren trafen sieben privilegierte Jungen in der elitären Privatschule Potter‘s Field aufeinander und wurden Freunde. Nun sterben sie, einer nach dem anderen, auf unvorstellbar grausame Art. Das ruft Detective Constable Max Wolfe auf den Plan: Koffeinjunkie, Hundeliebhaber, alleinerziehender Vater.

Schon nach dem sehr gelungenen Prolog ist dem Leser klar, in dieser Geschichte geht es um Rache für eine ungesühnte Tat. Wie konnte es dazu kommen, dass die Jugendlichen, fast noch Kinder, ein Mädchen brutal vergewaltigt und getötet haben? Diese Frage beantwortet Tony Parsons schonungslos. Das aus einem anderen Jahrhundert stammende englische Erziehungssystem: „Sadistische Lehrer. Schweres Essen. Kalte Duschen. Niemals nachlassende Besessenheit vom Sport. Gedankenlose Schikanen. Eine Menge gleichgeschlechtlicher Sex.“ Hier fließt eine herbe Kritik an der englischen Upper Class ein, die ihre Hunde mehr liebt, als ihre Kinder. Denn die werden in Elite Internate abgeschoben, wo man sie psychisch misshandelt und demontiert, um sie anschließend neu zusammenzusetzen. Zu zynischen Monstern, überheblich und menschenverachtend. Die werden schließlich gebraucht, als Bänker, Anwälte, Politiker und Militärs. Solche Aussagen darf sich wirklich nur ein Engländer erlauben.

Detective Constable Max Wolfe ist ein Polizist der neuen Generation. Sympathisch und vielseitig. Einerseits ein taffer Kerl, der aus einer Sondereinheit für Terrorbekämpfung zur Kripo gekommen ist. Ein unangepasster Polizist der auch schon mal gegen den Befehl eines Vorgesetzten handelt. Beim Boxen hat er gelernt, dass es nicht darauf ankommt, wie  viele Treffer man landet, sondern wie viele man einstecken kann. Aber er hat auch eine weiche Seite, als alleinerziehender Vater, denn er liebt seine kleine Tochter über alles.

Auch die Zeichnung der Nebenfiguren ist durchaus gelungen. Sein Chef, seine jungen Kollegen, alle sehr sensibel und menschlich nachvollziehbar dargestellt. Schwarzer Britischer Humor blitzt allenthalben durch. „Swire sah aus wie Mrs. Thatchers frisch exhumierter Leichnam, nur strahlte sie nicht ganz so viel menschliche Wärme aus.“

Was die Story anbelangt, so hat der Autor das Hauptgewicht auf die polizeiliche Ermittlungsarbeit gelegt. Viele Spuren führen, wie in der Realität, ins nichts und so hat sich nach ¾ des Buches zwar vieles aufgeklärt, man ist dem Mörder aber noch keinen Schritt näher gekommen. Am Ende werden nicht alle gelegten Fährten aufgedröselt und die eine oder andere Frage bleibt unbeantwortet. Das ist aber wirklich der einzige Kritikpunkt, den ich anzumerken habe.

Im Nachwort schreibt Tony Parsons, er habe sich als Journalist einmal in einem Artikel mit den Polizisten der West End Central befasst. „Die jungen Männer und Frauen, deren Bekanntschaft ich dort machte, gehören zu den besten Menschen, die ich je kennen gelernt habe. Sie sind real, aber die Geschichte, die sich in ihrem Arbeitsbereich tummelt, ist frei erfunden.“ Diese Hochachtung spürt man in jeder Zeile des Buches. Darüber hinaus erfährt man in kleinen Abstechern ins Black Museum auch noch viel über die Geschichte der Polizei.

Es ist nicht Parsons erstes Buch, aber sei erster Krimi und er ist meiner Meinung nach wirklich gelungen. Sollte dies der Beginn einer Serie sein, so freue ich mich auf die nachfolgenden Bücher.