Rezension

Geister und Schatten, große Emotionen und eine Prise Rockstar-Leben...

Aura 01 - Verliebt in einen Geist - Jeri Smith-Ready

Aura - Verliebt in einen Geist
von Jeri Smith-Ready

Zitat:
„Viele von den Sternen da oben sind schon lange tot. Irgendwann im Laufe der Jahrtausende, die ihr Licht braucht, um uns auf der Erde zu erreichen, sind sie explodiert oder ausgebrannt.“
Ich blickte zu dem silbrig glänzenden Schwaden empor, der auch einfach als eine lang gezogene und sehr weit oben schwebende Wolke hätte durchgehen können. „Das heißt, wir sehen sie, wie sie einmal waren, nicht wie sie jetzt sind.“
(S. 147)

Inhalt:
Vor ziemlich genau 16 Jahren und 9 Monaten hat sich die Welt verändert. Zumindest die Welt aller, die nach dem 21. Dezember um 8.50 Uhr Weltzeit geboren wurden. Zu diesem Zeitpunkt, pünktlich zur Wintersonnenwende, fand der Shift statt.

Post-Shift-Geborene können Geister sehen, die aufgrund plötzlichen Todes auf der Erde verweilen. Mittlerweile sind die ersten Post-Shifter kurz vor ihrem Abschluss und komplett neue Bildungswege stehen ihnen offen, beispielsweise bei der DMP (Federal Department of Metaphysical Purity), der staatlichen Behörde zur Aufrechterhaltung der metaphysischen Ordnung, oder in Anwaltskanzleien als Zeugen bei von Geistern angestrengten Mordprozessen.

Aura ist 16 Jahre und 9 Monate alt und wurde exakt zum Zeitpunkt des Shifts geboren. Ihre Vergangenheit betreffend gibt es einige offene Fragen, aber im Großen und Ganzen lebt sie gut bei ihrer Tante Gina.
Geisteransprachen gehören zu ihrem Alltag, genau wie die Versiegelung aus Obsidian, die zum Schutz der Privatsphäre angebracht wird, wo Geister nicht stören sollen.
Auras größte Angst ist, ihren Freund Logan an die Groupies des aufstrebenden Rockstars zu verlieren. Doch so weit soll es nicht kommen – denn Logan stirbt unerwartet.
Niemals hat sich Aura so sehr auf eine Geisterbegegnung gefreut. 
Gibt es ein „Leben“ an der Seite eines Geistes?

Meinung:
Nachdem ich den Kurzinhalt von „Aura“ gelesen habe, war ich zunächst etwas skeptisch, denn es klang nach diesem typischen „Mädchen ist besonders“-Klischee.
Was den Leser wirklich erwartet, offenbart erst das Lesen selbst oder der Innenklappentext.

Denn ALLE, die jünger sind als Aura, können Geister sehen. Was das angeht, ist sie also alles andere als besonders. Durch den lockeren, mit humorvoller Sprache gewürzten Erzählstil aus Auras Ich-Perspektive fühlte ich mich sofort in das Leben der Post-Shift-Jugend hineingezogen. 
Ich nahm Teil an ihrem Alltag mit Geistern, ihren Erinnerungen an eine Kindheit voller jammernder verstorbener Individuen und ihrem Leben als Freundin des begehrten Frontmanns einer aufstrebenden Rockband. Zug um Zug kristallisierte sich dann aber doch eine Besonderheit von Aura heraus: Sie wurde exakt zum Zeitpunkt des Shifts geboren. Da ihre Mutter verstorben ist, als sie drei Jahre alt war und über ihren Vater nichts bekannt ist, versucht sie im Rahmen eines Projektes mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren… Als Partner bekommt sie ausgerechnet den schottischen Austauschschüler und absolut umwerfenden Zachary zugeteilt. Den Jungen, der exakt eine Minute VOR dem Shift geboren wurde.

Die Geschichte und vor allem Auras Leben nimmt eine tragische Wendung, als Auras große Liebe Logan überraschend stirbt. Auch wenn Laura ihn weiterhin sehen kann, ihn öfter sieht als zu der Zeit, als er noch gelebt hat, verändert sich ihre Beziehung. Logan kann sie nicht berühren, ihm nicht überall hinfolgen, weil er an die Grenzen seiner Geistgestalt gebunden ist. Im Gegensatz zu Zachary.

Von Zachary bekommt der Leser gleich einen ganz typischen Eindruck. War Logan schon als unglaublich und atemberaubend beschrieben, toppte Zach dies noch. Mit seinem schottischen Akzent und seiner betörenden Stimme bringt er sämtliche Herzen zum Schmelzen. Dem kann sich natürlich auch Aura nicht entziehen und schon ist das Liebesdreieck „perfekt“…

Ich muss zugeben, im ersten Moment fühlte ich mich von dem Info-Dumping überrumpelt. Erst nach und nach zeigt sich die Genialität von Jeri Smith-Readys Idee und ihre gut durchdachte Welt. Neben den zahlreichen Überraschungen, die sie darin eingebaut hat, die so normal wirken, als wären sie Realität, kommen auch die Emotionen und die Tiefgründigkeit nicht zu kurz. Der Tod hat sich verändert, wenn die Geister nach wie vor an unserem Leben teilhaben können. Ob man Abschied nehmen oder an ihnen festhalten und dem „echten Leben“ den Rücken zukehren möchte, bleibt jedem Jugendlichen selbst überlassen. Doch es gibt auch eine große Gefahr: Jeder Geist kann mutieren, sollte er sich den falschen Gefühlen hingeben. Und solche Schatten stellen eine große Gefahr für die Post-Shifter dar. 

Der Stil der Autorin ist flüssig und leicht zu lesen. Sie versteht es, die Emotionen ihrer Charaktere zu transportieren und würzt ihren Plot mit zahlreichen Musiktiteln, die dem „Rockstar“ Logan gerecht werden. Mein größter Kritikpunkt ist, dass ich das Gefühl hatte, ich würde von hier nach da gezerrt. Hatte ich versucht, dem einen Teil der Geschichte zu folgen, ging dieser plötzlich völlig unter, wurde irrelevant und ich blieb mit meinen Erwartungen und Fragen sitzen.

Dennoch konnte mich die Autorin stets mit ihrer Idee fesseln. Hierfür brauchte es keinen großen Spannungsbogen. Leider wird der anfangs so neugierig machende Teil der Geschichte, Auras Bestreben, mehr über den Shift oder auch ihre verstorbene Mutter herauszufinden, im Laufe des Buches immer weniger, als der emotionalere Part des Plots mehr und mehr an Raum bekommt. Ich hätte mir eine andere Entwicklung gewünscht, aber es bleibt ja noch die Fortsetzung. Und diese dürfte – nach dem gegebenen Ende – für einige interessante Wendungen sorgen.

Urteil:
„Aura – Verliebt in einen Geist“ ist definitiv mehr, als es der Kurzinhalt vermuten lässt. Eine ganz besondere Art von Welt, die nur im ersten Moment überfordert, Geister und Schatten, große Emotionen und eine Prise Rockstar-Leben. All das rundet die Autorin mit einer neuen Sicht auf das Thema Tod ab. Alles in allem konnte mich Jeri Smith-Ready mit ihrer so anderen Idee begeistern, dass meine Kritikpunkte kaum auffallen. Daher ganz ganz knappe 5 Bücher für die Post-Shifterin Aura. 

Für alle Fans von Geistern und Geisterbeziehungen, neuen Ideen und all diejenigen, die es verkraften können, nicht sofort auf alles eine Antwort zu bekommen und auch vor Liebesdreiecken nicht gleich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Die Serie:
1. Aura – Verliebt in einen Geist
2. Aura – Geküsst von einem Geist
Erscheinungstermin: September 2014
3. Originaltitel: Shine

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