Rezension

Empfehlung!

Das Haus am Meeresufer -

Das Haus am Meeresufer
von Josephine Nicolas

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzmeinung: ''Möbel sind keine Zugabe zur Architektur, sie sind Architektur''
Kult- Villa. Sommerhaus. Liebe zur Architektur. Poesie. Ein Roman, der alles vereint.

Das Haus am Meeresufer: Eileen Grays Entwurf eines Sommerhauses aus dem Jahr 1929 ist großes Architekturkino. Alles beginnt (und endet ) in Paris. Der Roman beginnt genau dort, in den 1920er-Jahren etabliert sich die junge Designerin in Paris. Bekannt wird sie erstmals durch ihre aufwendigen und neuartigen Lackarbeiten, die sie gerne für ihre Paravents nutzt, aber auch zu Entwürfen ihrer Möbel. Grays erste Arbeiten wirken poetisch, genau das greift die Autorin durch ihre Sprache auf. Es ist die Hinhabe zu den Farben und Formen, zum Material und zum Ausdruck. 

Das Buch schafft einen intimen Einblick in die Gefühlswelt und die Beziehungen der Designerin. Sie liebte Frauen und Männer. Sie war befreundet mit Le Corbusier und Rivalin zugleich.

Neben dem verstellbaren Tisch E 1027 ist wohl der größte Coup die Kult- Villa E-1027 gewesen. Im Roman tauchen wir ein in dieses einzigartige Haus, das regelrecht ikonisch wurde für seinen unkonventionellen Bau und den freien Blick aufs Meer.  In jenem Haus an der französischen Riviera schuf die Designerin ein Domizil für sich und ihren jungen Lebensgefährten Jean Badovici. 

''Möbel sind keine Zugabe zur Architektur, sie sind Architektur'' - mit ihren modernen Entwürfen, die zeitgleich einen Bruch mit dem Altbekannten bedeuteten, wurde Gray zu einer Pionierin der Moderne. Das Buch spiegelt auch sehr gut die Aufbruchsstimmung der 20er Jahre wieder. Es waren junge Frauen wie Eileen Gray, die diese Epoche prägten. Eileen Gray gehörte zu  jenen mutigen Frauen, die ein besonders gutes Gespür den Wandel und das Fortschrittsdenken hatten.

Das besondere an diesem Roman ist die Sprache der Autorin, die hier sehr nuanciert und poetisch eingesetzt wird. Die Autorin beschreibt Gray hier als klug und feinfühlig. Mit der Sprache malt die Autorin regelrecht Landschafts- und Stimmungsbilder, die schöner nicht sein könnten. 

Es macht eine Freude sich in die Geschichte hineinfallen zu lassen, so wie es Eileen Gray wohl auch mit ihrer Kunst tat. Besonders die Dialoge zwischen den Personen wirken authentisch - dies ist sehr hilfreich, um sich in die Charaktere hineinfühlen zu können.

Eileen Gray hatte mit ihrem Entwurf zu ihrem Haus eine klare Vorstellung - sie wollte mit ihrer eigenen Vorstellung von Architektur eine Wirkung erzielen -  als ein begehbares Kunstobjekt, welches man mit allen Sinnen erleben kann. Genau so ist es mit dem Lesen des Buchs. Die Autorin zeigt dem Leser durch die Gedanken und Zitate von Eileen Gray einen Weg auf, der sich zu einem Gesamtkonzept zusammenfügt, welches Wirkung zeigt und funktioniert. Das Buch bietet eine gekonnte Mischung zwischen Intuition und Konzept. Die Architektur zu jener Zeit wird dadurch lebendig. 

Es ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt und zeitgleich inspiriert. Es ist ein Buch voller Hingabe und Ausdruck. Poetisch und stilvoll.

Lesenswert!