Rezension

Eine Geschichte, die berührt und wütend macht

Feldpost -

Feldpost
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Kurz vor Weihnachten trifft die Rechtsanwältin Russo in einem Café eine ihr unbekannte alte Frau. Diese lässt an Russos Tisch einen Aktenkoffer zurück. Die darin befindlichen Unterlagen und einige Feldpostbriefe machen Russo neugierig und sie begibt sich auf Spurensuche.
Die Briefe erzählen von einer großen Liebe, die Russo berührt. Nach und nach deckt sie die Hintergründe auf. Sie stößt auf eine Geschichte von Verrat und Niedertracht .
Diese Ereignisse wären ohne die Machtergreifung der Nazis so nicht passiert, die 1935 in Kassel ihren Anfang nehmen. Der Spediteur Marten äußert sich abfällig über Hitler. Um sein Vermögen und die Zukunft seiner Familie zu retten, verkauft er seine Villa an seinen besten Freund im Vertrauen auf dessen Redlichkeit.
Die Kinder der beiden Familien wachsen gemeinsam auf. Adele Marten verliebt sich in Richard, dessen Herz gehört aber ihrem Bruder Albert.
Die Autorin erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebnen. Da ist die Rechtsanwältin Russo, die in der Gegenwart versucht die Empfängerin der Briefe oder deren Schreiber ausfindig zu machen, um die Feldpostbriefe zurückzugeben.
Parallel dazu wird Adeles Schicksal und das ihrer Familie berichtet. Was als tragische Liebesgeschichte beginnt, entwickelt sich zu einem großen niederträchtigen Betrug.
Besonders berührt hat mich die schnörkellose Sprache der Autorin. Dadurch erhalten die Ereignisse noch mehr Nachdruck. Ich war zeitweise so fassungslos und wütend ob der Niedertracht sowohl einzelner Personen als auch des Regimes, dass ich hätte schreien können. Dabei haben alle Beteiligte durch ihr Verhalten zu dem tragischen Geschehen beigetragen - egal ob Opfer oder Täter.
Einzig Adele zeigt Mut und Solidarität, indem sie den Bruder unterstützt und mehrfach die Herausgabe des elterlichen Hauses anmahnt. Letzten Endes scheitert auch sie.
Wie viele Geschichten aus dieser Zeit, endet auch dieser absolut lesenswerte Roman nicht glücklich. Zurück blieben bei mir ein starkes Gefühl von Bedauern und Wut.