Rezension

Ein ungewöhnlicher Roman über Zeit und Wirklichkeit

Das vorläufige Ende der Zeit -

Das vorläufige Ende der Zeit
von Berni Mayer

Bewertet mit 5 Sternen

Die Geschichte um die Idee der Zeitreisen und den verlassenen jüdischen Friedhof im polnischen Słubice, der zu Frankfurt an der Oder auf der anderen Flussseite gehört, hat mich von Beginn an gefesselt.

Mi-Ra, Archäologin und Journalistin, Artur, Friedhofswärter in Słubice, und Horatio Beeltz, ein geheimnisvoller älterer Verleger mit familiärer Verbindung zum jüdischen Friedhof, treffen hier aufeinander. Schnell entsteht eine Diskussion um die Zeit als vierte Dimension. Mi-Ra und Artur leiden an unverarbeiteten Traumata und Horatio hält die beiden für optimal geeignet, um eine Zeitreise in die Vergangenheit zu unternehmen und diese möglicherweise zu verändern. Wird der Versuch gelingen und wie wird die Gegenwart dadurch beeinflusst?

Kenntnisreich und informativ schreibt Berni Mayer über den mehrfach aufgegebenen, verwahrlosten Friedhof, einen Lost Place schlechthin, und seine Geschichte. Auch die gängigen Zeitreise-Theorien und die Idee der Paralleluniversen lässt der Autor seine Figur Horatio Beeltz sowohl dem Leser als auch Mi-Ra und Artur erläutern, wobei Neugier und Faszination immer mehr gefangen nehmen, sowohl die Protagonisten als auch mich.

Berni Mayers Schreibstil ist klar, anschaulich und lakonisch, selbst Fakten werden packend geschildert. Seine Figurenzeichnung ist feinfühlig und glaubwürdig, Nähe entsteht für mich sowohl zu Mi-Ra als auch zu Artur, während Horatios Geheimnisse vorerst nur angedeutet werden. Die Entwicklung der Protagonisten empfinde ich als glaubhaft.

Berni Mayer ist ein ungewöhnlicher, komplexer Roman gelungen, der mich berührt und gut unterhalten hat und der nachwirkt.