Rezension

Ein Tag, der alles verändert

Das Haus des Windes - Louise Erdrich

Das Haus des Windes
von Louise Erdrich

Inhalt

Im Sommer 1988: Joe ist 13 Jahre alt und lebt mit seinen Eltern in einem Indianerreservat, als seine Mutter Opfer eines brutalen Überfalls wird. Sein Vater und er versuchen verzweifelt sie ins Leben zurück zu holen. Aber wie soll das Leben nach einer solchen Tat normal weitergehen und wie soll sie jemals wieder die werden, die sie davor war? Hinzu kommt, dass das Verbrechen auf der Schnittstelle dreier Ermittlungsbehörden liegt und keine dieser sich wirklich verantwortlich fühlt. Sogar Joes Vater kann als Stammesrichter nicht helfen. Und so nimmt Joe diese Aufgabe selbst in die Hand und sorgt für Gerechtigkeit.

Meine Meinung

Als ich davon las, dass Louise Endrichs Buch als bester Roman des Jahres ausgezeichnet worden ist, bin ich einerseits neugierig, andererseits auch skeptisch geworden. Denn oft ist es so, dass man bei hochgelobten Büchern dementsprechend hohe Erwartungen hat und diese recht häufig enttäuscht werden. Anders ist es jedoch bei "Das Haus des Windes". Schon nach den ersten Sätzen wusste ich, dass ich es mit einem besonderen Buch zu tun hatte.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Joe, der von einem Moment auf den anderen erwachsen werden muss. Seine Kindheit findet ein jähes Ende, als seine Mutter vergewaltigt wird. Hervorragend gelingt es Endrich die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit von Vater und Sohn zu vermitteln, die der Mutter helfen wollen, aber dafür Wände einreißen müssten, deren Vorhandensein sie zwar sehen und spüren, aber nicht überwinden können. Denn schon auf den ersten Seiten wird deutlich, wie wichtig die Mutter ist und wie sehr der Tagesablauf alleine durch ihr Dasein strukturiert ist.

Frauen ahnen gar nicht, wie wichtig den Männern ihre Gewohnheiten sind. Ihr Kommen und Gehen senkt sich uns in jede Körperfaser, ihre Rhythmen in unser Knochengerüst. Unser Pulsschlag gleicht sich ihrem an, und wie an jedem Wochenende warteten wir darauf, dass meine Mutter uns auf den Abend einstimmte. Und deshalb stand ohne sie die Zeit einfach still.

Doch nicht nur die Bewältigung des Traumas steht im Fokus der Geschichte, sondern auch das Leben im Indianerreservat, welches ich so bisher noch nicht kannte. Geradezu schockierend ist in dem Zusammenhang, dass es auf Grund des Territoriums des Verbrechens und der Unklarheit, in welchem Gebiet genau dieses geschah, zu einer folgenschweren Entscheidung kam. Einer Entscheidung, die Joe für immer verändern wird.

Zu Endrich Schreibstil kann ich nur lobende Worte finden. Sie erzählt ihre Geschichte schnörkellos, eindringlich, erzeugt an manchen Stellen Gänsehaut, ist intensiv, teilweise beklemmend, aber immer gefühlvoll und mit einer großartigen Sprache versehen. Das Ende ist einerseits ganz leise und dann wieder so laut, dass es mich Mitten im Herzen getroffen hat. So sehr, dass ich ein paar Sekunden brauchte, um aus der Buchwelt in meine Welt zurück zu kehren.

Fazit

"Das Haus des Windes" ist eines dieser Bücher, die noch lange in einem nachhallen. Von mir gibt es daher eine klare Kauf- und Leseempfehlung.