Rezension

Eigenwillig erzählt, aber unheimlich spannend und brillant

Des Tauchers leere Kleider - Vendela Vida

Des Tauchers leere Kleider
von Vendela Vida

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt aus dem Klappentext:

Eine Amerikanerin reist überstürzt nach Casablanca. Der Grund für ihre Reise ist unklar. Kaum in ihrem Hotel angekommen, wird sie ausgeraubt. Die Polizei und die Hoteldirektion versuchen scheinbar, den Dieb zu fassen, haben sich aber eigentlich gegen die Amerikanerin verschworen. Auf der Polizeiwache wird ihr der Rucksack einer fremden Frau ausgehändigt, deren Identität sie annimmt. Vorübergehend, wie sie denkt, bis sich alles aufgeklärt hat. Doch einmal von der Last des eigenen Ich befreit, beginnt sie, Freude daran zu empfinden, sich von der Frau, die sie einmal war, immer mehr zu entfremden. Bis sie eine berühmte Hollywood-Schauspielerin kennen lernt und einen Schritt zu weit geht.

 

Meinung:

Des Tauchers leere Kleider ist wieder eines dieser Bücher, die mir in der Verlagsvorschau ins Auge gefallen sind und mich direkt ansprachen, sowohl vom Cover, als auch vom Inhalt.

Vendela Vida wirft ihre Leser auch direkt in das Geschehen und wir begleiten die Protagonistin bei ihrer Ankunft in Casablanca. Beim Check-In in ihrem Hotel wird ihr Rucksack gestohlen. Alle Personalien und all ihr Geld sind weg, die Direktion des Hotels scheint sich nur halbherzig darum zu kümmern und die Polizei ist ihr suspekt. Sie hat das Gefühl, dass es sich um ein abgekartetes Spiel handelt. Als sie dann vom Polizeichef einen Rucksack mit den Personalien einer fremden Frau erhält und diesen annimmt, setzt sie Ereignisse in Gang, die ihr ganzes Leben verändern werden.

Den Namen der Protagonistin erfährt man im Roman nicht, trotzdem baut sich nach und nach ein Bild über diese mir anfangs fremde Frau auf, dass mich immer mehr berührte und bestürzte. Vendela Vida hat hier sehr geschickt ihre Figur entwickelt, um den Leser neugierig und die Spannung hoch zu halten. Sie setzt dabei bewusst ihre Hauptfigur in den Fokus, so dass die Nebenfiguren nur den Rahmen um diese bilden und man eher wenig über diese erfährt.

Der Schreibstil im Buch ist äußerst ungewöhnlich und ich habe ein wenig gebraucht, um damit parat zu kommen. Denn die Protagonistin erzählt sich selber in der 2. Person (nach kurzem Nachschlagen denke ich, dass es sich um eine personale Erzählperspektive handelt). Das sorgt für eine gewisse Distanz im Buch, die sich aber nach Beenden des Romans als die wirklich perfekte Erzählform entpuppte, für die bewegende Story. Denn die Geschichte entwickelt sich zum Ende hin sehr emotional und ging mir richtig nahe. Mit Spannung verfolgt man als Leser, wie die Protagonistin sich immer mehr in ihrem Lügengeflecht verstrickt und man bangt, wie sie da jemals wieder herauskommen soll. Und natürlich treibt einen die Frage an, was sie überhaupt so weit getrieben hat, diese fremde Identität anzunehmen. Das Buch fing mich ein und ich konnte und wollte es nicht mehr aus der Hand legen. Richtige Kapitel gibt es im Buch nicht, die einzelnen Passagen und Abschnitte sind nur durch Leerzeilen getrennt. Dem Lesefluss schadet das aber nicht. Mein einziger Wehrmutstropfen an diesem Buch war das Ende, dass mir persönlich viel zu offen blieb, denn es haben sich im Verlauf des Buchs so viele Baustellen aufgetan, die nicht zu Ende behandelt werden und es bleibt somit der Fantasie des Lesers überlassen, sich zu überlegen, wie es wohl weitergeht.

Vielen Dank an den Aufbau Verlag für das Rezensionsexemplar.

 

Fazit:

Wow, was für ein Buch! Wäre das Ende nicht ganz so offen geblieben, es wäre perfekt gewesen. Das Buch hat mich bewegt, zu Tränen gerührt und gefesselt. Der ungewöhnliche Schreibstil ist zwar gewöhnungsbedürftig, passt aber hervorragend zu dieser Geschichte und macht die Thematik noch dramatischer.

Von mir gibt es 4,5 von 5 Punkten.