Rezension

Auf einer griechischen Kochinsel den Sommer verlängern

Sonne und Meer auf dem Teller -

Sonne und Meer auf dem Teller
von Lazaros Kapageoroglou

Griechenlands Kochrezepte, die in diesem Buch versammelt sind, unterliegen vielen Einflüssen aus Ost und West, sind aber vor allem eines: nah am eigenen Gemüsegarten, dem Käse und den Oliven aus dem Umland und dem Honig von Nachbarn. Echt, ungekünstelt und frisch, so als hätte die griechische Mama gekocht. Für Sehnsuchtsgriechinnen und -griechen und alle, die den Urlaub noch etwas verlängern wollen.

Selten habe ich aus einem Kochbuch so sehr auseinandergesetzt wie mit Sonne und Meer auf dem Teller von Lazaros Kapageoroglou. Was allerdings weniger mit der Genialität der Rezepte zu tun hat, als mit meinen Vorbehalten griechischer Küche gegenüber. Denn was ich bisher in dieser Angelegenheit kannte, beschränkte sich auf das, was mir in griechischen Tavernen serviert wurde. Darunter war leider gar nichts, was mich in den kulinarisch azurblauen Himmel geschossen hätte.

Dennoch wollte ich diesem Kochbuch so unvoreingenommen wie möglich begegnen, nicht zuletzt einen wegen der tollen Bilder aus Griechenland, die gleich Ferienstimmung aufkommen lassen. Ausserdem ist das Kochen in der heimischen Küche eine klimaneutralere Art zu verreisen und Land und Leute kennenzulernen als das Flugzeug. 

Vor ein paar logistische Probleme wurde ich gleich zuerst gestellt. Wo bekommt man eingelegte Weinblätter? Was ist Petimezi? Wer verkauft echten griechischen Joghurt und nicht den Joghurt «griechischer Art»?

Schliesslich habe ich auf die gefüllten Weinblätter verzichtet, auch wenn ich das Rezept nur gar zu gerne ausprobiert hätte; als Alternative zu Petimezi (Traubensirup) würde mir notfalls Granatapfelsirup einfallen, was aber das Ergebnis verfäschen könnte; und den Originaljoghurt habe ich schliesslich durch den «nach griechischer Art» ersetzt. Sollen andere in der Küche frömmer als der Papst sein!

Rezepte, die ich ausprobiert habe: 

Natürlich Tsatsiki, hier mit frischem Dill. Kapageoroglou hat aber noch eine andere Variante auf Lager: Randen-Tsatsiki mit einem Hauch Minze. Erfrischend anders und mindestens genausogut. In dieselbe Kategorie gehört der Feta-Aufstrich mit Pistazien. Wer hätte gedacht, dass Pistazien und Zitronenschale dem Feta ein solche feine Note verleihen?

Kapageoroglou verwendet sehr viel Knoblauch. Allerdings konfierten Knoblauch, der leichter verdaulich und nicht so vorherrschend im Geschmack ist. Ein Rezept, das ich zum Standard machen werde.

Grüne-Bohnen-Salat: Die Bohnen werden in der Marinade weichgekocht und bekommen durch Kreuzkümmel einen leicht orientalischen Geschmack.

Hackfleisch-Minze-Bällchen und Zucchini-Bällchen (Köfte): Die Minze in den Fleischbällchen war einem Teil meiner Familie nicht ganz geheuer, begehrter waren die Zucchini-Bällchen. Reste gab es weder von den einen noch von den anderen.

Gefüllte Spitzpaprika: Von diesem Rezept hätte ich mehr erwartet, aber als Alltagsgericht okay.

Gebackener Feta mit Tomaten und Peperoni: Köstlich und gerade richtig scharf. Ich habe ein paar Teigwaren mit frischem Pesto dazu serviert und fand die Kombination toll. Ob mir die Italiener oder die Griechen da zustimmen werden, ist mir egal.

Frittierte Auberginen und Zucchini: Wer noch nie knusprige Zucchini gegessen hat, sollte dieses ungewöhnliche Rezept unbedingt ausprobieren.

Auberginenröllchen mit Hackfleisch: Meiner Meinung nach hat sich in das Rezept ein Fehler eingeschlichen. Eineinhalb Zentimeter dicke Auberginenscheiben lassen sich auch gebacken kaum aufrollen. 

Die Fisch- und Meeresfrüchteseiten habe ich ausgelassen ­– wir leben hier weitab vom Meer. Gleichfalls die Dessertabteilung, mit einer Ausnahme: Die Sesamriegel von Rhodos musste ich einfach ausprobieren. Sie gerieten mir etwas klebrig, waren aber trotzdem eine Schleckerei.

Was nun aber ist das Ergebnis meiner griechischen Kochversuche nach Kapageoroglous Rezepten? Zum einen die Erkenntnis, dass Griechenland nicht nur politisch, sondern auch kulinarisch stark von Einflüssen aus dem Orient, aus Osteuropa und dem weiteren Mittelmeerraum beeinflusst und schwer einzuordnen ist. Eine besondere Rolle spielt die Nähe zur Türkei: Baklava, Köfte und diverse Meze kennt man ähnlich aus der türkischen Küche. 

Die Griechen pflegen offensichtlich eine «Vom-Garten-auf-den-Tisch»-Küche. Gemüse spielt deshalb eine Hauptrolle: Tomaten, Auberginen, Bohnen, Peperoni, Zucchetti, Zwiebeln, alles was der Sommer frisch und besonders schmackhaft bereithält. Dies kommt Vegetariern entgegen, sofern sie nichts gegen Milchprodukte haben. Das Buch von Kapageoroglou spricht einer schlichten, sättigenden, eher rustikal-bäuerlichen Küche das Wort: Gratins, Eintöpfe, Frittiertes, ergänzt durch Aufstriche, Salate und schmackhafte Kleinigkeiten. Die Raffinesse liegt in der Frische und Qualität der Zutaten, den beigegebenen Kräutern und dem manchmal überraschend eingesetzten Honig.

Titel: Sonne und Meer auf dem Teller, Moderne griechische Küche, 320 Seiten, gebunden

Autor: Lazaros Kapageoroglou

Verlag:  at Verlag, 2023

ISBN 978-3-03902-148-2, SFr. 39.–, 37.– €