Rezension

Wundervoll erzählt

In Liebe, deine Lina -

In Liebe, deine Lina
von Barbara Leciejewski

Bewertet mit 5 Sternen

Lina und Albert leben im pfälzischen Mühlbach, einem kleinen, ländlich geprägten Dorf. Das Leben geht seinen Gang, es geschieht nichts Aufregendes. Und wenn doch, dann ist das Getratsche groß. Die beiden jungen Leute sind seit jeher unzertrennlich, sie verlieben sich ineinander, jedoch bleibt ihre Liebe nicht ohne Folgen - Lina ist schwanger. Natürlich will Albert sie heiraten, seine vermögenden Eltern hingegen sind strikt gegen eine Verbindung, denn Lina kommt aus ärmlichen Verhältnissen, sie ist für ihren Sohn und einzigen Erben nicht gut genug. Albert beugt sich den Wünschen seiner Eltern und es kommt, wie es kommen muss - Lina wird von den Dörflern als unverheiratete, schwangere Frau ausgegrenzt. Lediglich Karl, der um die Unerbittlichkeit der Nachbar weiß, steht als einziger an ihrer Seite.

Die Geschichte beginnt im Mai 1883, als sie noch Kinder waren und endet mit dem nahenden Beginn des Ersten Weltkrieges. Und – ganz anders, als die Autorin dies sonst mit ihren Büchern hält – ist „In Liebe, deine Lina“ kein Einzelband, es ist der erste von zwei Bänden. Ein Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht. Barbara Leciejewski erzählt die Geschichte ihrer Großeltern. Rund um die Fakten füllt sie die Seiten mit  ihren begründeten Vermutungen und auch mal mit reiner Fantasie. Entstanden ist ein warmherziger Roman um eine Familie, der es nie leicht gemacht wurde, die aber dennoch auch in schwierigen Zeiten zusammengestanden ist.

Die Moralvorstellungen im ausgehenden 19. Jahrhundert waren andere. Eine ledige Frau wurde ausgegrenzt, wenn sie für ihren „Bankert“ keinen Ehemann als Vater vorweisen konnte. Selbst eine Vergewaltigung war für den männlichen Part unerheblich, die Frauen dagegen wurden als liederliche Personen gemieden und auch deren Kinder waren gebrandmarkt – keiner wollte etwas mit ihnen zu tun haben.

Es ist eine Geschichte, direkt aus dem Leben gegriffen. Nicht jeder konnte sich den Ehepartner aussuchen, es wurden gerade in den besseren Kreisen Ehen arrangiert. Geld und Vermögen musste zu seinesgleichen, Gefühle blieben außen vor, ein armer Schlucker blieb zeitlebens arm. Und auch die Arbeitsbedingungen waren neben dem Zwischenmenschlichen Thema. Sei es in den Fabriken, im Steinbruch oder im familieneigenen Bauernhof – es war beileibe kein Zuckerschlecken.

Der erste Band der Mühlbach-Saga hat mich tief berührt. Es ist ein Buch voller Wärme, eine Geschichte, die mich nicht mehr losgelassen hat - bittersüß und doch voller Liebe und Zuversicht. Das Schicksal meint es nicht immer gut, so manche Träne konnte ich nicht zurückhalten. Alle hier vorkommenden Figuren - seien es die längst verstorbenen Großeltern der Autorin oder die anderen, die erdachten – sind aufs Beste beschrieben. Schon heute freue ich mich auf die Fortsetzung, wenn Lotte, Linas Tochter, ihren Jugend- und Brieffreund August wiedersieht.

Ein wundervolles Buch, eine warmherzig erzählte, sehr lesenswerte Geschichte.