Rezension

Wissenschaft ohne Ethik?

Die Erfindung des Countdowns - Daniel Mellem

Die Erfindung des Countdowns
von Daniel Mellem

Wissenschaft ohne Ethik?

Der Roman beginnt im Jahr 1899 in Schäßburg, als Hermann Oberth noch ein Kind ist. Er ist in der Schule unterfordert, ist anders als die anderen in seinem Alter und beschäftigt sich lieber allein mit Jules Verne und seinem Roman "Reise um den Mond". Schon recht früh begeistert er sich für das Weltall und träumt davon, einmal zum Mond fliegen zu können. Schnell macht er sich daran, über den Bau einer Weltraumrakete nachzudenken und die Grundlagen der Raketentechnik zu entwickeln. Er geht nach Göttingen, um dort Physik zu studieren und seine Dissertation über Weltraumraketen zu schreiben. Jedoch will kein Professor seine Dissertation abnehmen. Hermann gibt aber nicht auf und versucht, seinen Traum von der Rakete eigenständig zu verwirklichen. Es folgen viele Misserfolge, bis er schließlich den Nazis seine Idee einer Rakete als Kriegswaffe an die Hand gibt, die sie auf schreckliche Weise missbrauchen.

Meinung:
Es handelt sich hier um einen biographischen Roman, der sich an dem echten Leben des Hermann Oberth orientiert. Der Protagonist ist sehr schwierig. Zum einen ist er als Wissenschaftler sehr bemerkenswert, weil er seine Idee der Mondrakete nie aufgegeben hat, obwohl er viele Misserfolge hatte und niemand an seine Idee glauben wollte. Mit der Zeit tut er einem einfach nur Leid, aber Hermanns Begeisterung schlägt zu einer Obsession um. Er will seine Rakete bauen, egal mit welchen Mitteln dies auch geschehe. So wird er auch immer unsympathischer, sein nationalsozialistisches Gedankengut kommt zum Vorschein und er sieht nicht ein, welch schreckliche Folgen sein Handeln und seine Rakete haben. Auch seine Familie vernachlässigt er. Ständig zieht er in andere Städte um, ist selten zu Hause, sieht nicht, dass seine Kinder und besonders seine Ehefrau Tilla darunter leiden. Er denkt immer an die Zukunft. Die Gegenwart und Vergangenheit interessieren ihn nicht.

Diese Widersprüchlichkeit in dem Wesen des Protagonisten wurde sehr gut aufgefangen, sodass der Roman neugierig auf den echten Hermann Oberth macht. Leider habe ich mich aber immer wieder gefragt, was nun auch auf den realen Oberth zutrifft und was fiktiv ergänzt wurde, um einen fließenden und abgerundeten Roman zu schreiben. Im Roman wird er sehr unsympathisch dargestellt. Dazu hätte ich mir ein paar Informationen im Nachwort gewünscht. Im Nachwort helfen aber auch die Überlegungen des Autors, gezielter über den Roman zu reflektieren.

Daniel Mellem ist es in seinem Roman sehr gut gelungen zu zeigen, wie gefährlich die Wissenschaft missbraucht werden kann, wenn die Wissenschaftler nicht ethisch handeln. Wie weit darf man mit seiner Forschung gehen. Welche Folgen hat sie für die anderen Menschen? Dies wird hier anhand der deutschen Geschichte, insbesondere dem zweiten Weltkrieg, anschaulich gezeigt.

Die Sprache ist nüchtern und die Sätze sind kurz. Dies passt aber perfekt zu dem Protagonisten und der physikalischen und mathematischen Thematik. Die physikalischen und technischen Erklärungen sind fachlich, aber auch für die Leser verständlich, sodass sie den Roman schön abrunden.

Teilweise sind mir die Sprünge zwischen den Zeiten und Handlungen zu kurz und zu schnell, sodass manchmal einiges unklar war oder nicht tiefer thematisiert wurde.

Fazit:
Der Roman behandelt ein sehr spannendes und wichtiges Thema, welches mit der Geschichte von Hermann Oberth sehr gut umgesetzt wurde. Die Folgen von unethischem Handeln als Wissenschaftler werden deutlich gemacht. Man lernt eine interessante Persönlichkeit kennen, die einen auch nach dem Roman noch beschäftigt und über die man weiterrecherchieren sollte, um mehr über das Leben des echten Oberth zu erfahren.
Daher kann ich das Buch wärmstens weiterempfehlen.