Rezension

Ein Schnupperkurs

Die Erfindung des Countdowns - Daniel Mellem

Die Erfindung des Countdowns
von Daniel Mellem

Bewertet mit 4 Sternen

Ich hatte bislang noch nie von Hermann Oberth gehört und wundere mich. Der Mann ist weltberühmt, es gibt Briefmarken mit seinem Konterfei und es wurden ihm Denkmäler gesetzt. Gerade wäre sein 125. Geburtstag gewesen, da ist es schön, noch einmal auf ihn aufmerksam zu machen.

Er gilt als Pionier der Raketentechnik, ein Visionär, der fachlich ein Genie, menschlich aber eher unbeholfen war. Heute würde man sagen: Er konnte sich nicht verkaufen und stand immer im Schatten seines Schülers Wernher von Braun (der mir in letzter Zeit dauernd in Büchern begegnet, komisch.)

Hier lernt man ihn ein klein wenig kennen. Eine Kindheit in Siebenbürgen, ein Vater, der Erwartungen an ihn hat, denen er nicht gerecht werden kann, Krieg, zweifelhafter Erfolg in deutschen Forschungsstätten während der Nazizeit und schließlich Amerika. Immer dabei seine Frau Tilla, die man gar nicht genug bewundern kann. Das Leben an der Seite eines Genies ist kein Spaß.

Dieses Buch ist schön geschrieben und liest sich leicht. Es stellt Oberths ganzes Leben dar, interpretiert dabei wenig. Sein zwiespältiger Charakter kommt gut heraus, er war kein einfacher Mensch, kontaktscheu, eigenbrötlerisch, weltfremd einerseits, andererseits aber auch verbissen, despotisch uns sogar arrogant in manchen Belangen. Und auch Tilla wird lebendig, eine warmherzige, originelle Frau, die ihn unterstützt hat, aber auch auf den Boden der Tatsachen zurückholen konnte, wenn er sich zu weit davon entfernte.

„Die Erfindung des Countdowns“ ist eine schöne Romanbiografie, vielleicht etwas knapp gehalten, ab und zu auch lückenhaft, aber die Lücken schließt Wikipedia leicht. Auf jeden Fall hat sie leicht und unterhaltsam meine Wissenslücke geschlossen. Eigentlich ist dieses Buch ein Schnupperkurs zu einem größeren Thema, das man noch gut vertiefen könnte, oder eben nicht. Ich bin jetzt schon klüger als vorher.