Rezension

Wichtiges Thema, aber für mich nicht gut umgesetzt - langweilig, trist, verwirrend

Tanzende Araber - Sayed Kashua

Tanzende Araber
von Sayed Kashua

Bewertet mit 2.5 Sternen

Es fällt mir wirklich sehr schwer, dieses Buch zu rezensieren. Ich frage mich immer noch: Liegt es an mir oder dem Buch, dass wir beide nicht miteinander warm wurden? Fehlen mir einfach zu viele Hintergrundinformationen über den Konflikt zwischen Palästina und Israel, über die Geschehnisse am Gaza-Streifen? Ich weiß es nicht.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass ich kurz vor der Lektüre die Verfilmung zu „Tanzende Araber“ im Kino gesehen habe. Der Film „Mein Herz tanzt“ hat jedoch meiner Meinung nach so gar nichts mehr mit dem Buch gemeinsam bis auf ein paar grundsätzliche Dinge. Aber die große Liebesgeschichte zwischen Eyad und Noemi wird im Buch nur kurz und sehr lieblos erwähnt. Und die intensive Freundschaft zwischen Eyad und dem kranken Jonathan, die im Film so zentral ist, gibt es im Buch gar nicht. So dermaßen vorbelastet, war ich für das Buch vermutlich schon hoffnungslos versaut, um es noch richtig gut finden zu können...

Dank des einfachen Schreibstils, der mir stellenweise ziemlich abgehakt vorkam, ist dieses Buch sehr schnell zu lesen. Der Protagonist bleibt – im Gegensatz zu allen anderen Auftretenden – namenlos. (Im Film heißt er Eyad.) Vielleicht ist dies ja Absicht des Autors, da es sich hier um jeden x-beliebigen Palästinenser handeln könnte, der das schwierige Los gezogen hat, in Israel zu leben, wo Araber einen schwierigen Stand haben, unbeliebt sind und es meist nur zum Tagelöhner schaffen.

Die Geschichte umspannt die Lebensgeschichte des Jungen von seiner Kindheit an bis als junger Erwachsener, Ehemann und Vater eines kleinen Kindes. Die Erzählungen sind aus seiner Sicht, sie sind episodenhaft, es gibt viele zeitliche Sprünge, mal vor, mal zurück. Ich persönlich habe hier einen roten Faden, Zeit-/Altersangaben vermisst und kam teilweise nicht so richtig mit.

Anfänglich kann man den Episoden aus der Kindheit noch einen gewissen feinen Humor abgewinnen. Doch je älter der Protagonist wird, desto verstörender wird sein Verhalten, und die Grundstimmung im Buch wird sehr trist und depressiv. Die im Klappentext versprochene Selbstironie und den melancholischen Witz habe ich leider vermisst. Der Erzählstil ist nüchtern, geradezu emotionslos, und mit fortschreitendem Alter wurde der Erzähler mir immer unsympathischer. Er entwickelt sich vom aufgeweckten, intelligenten Jungen zum jammernden, nichtsnutzigen Trinker und Fremdgeher. Auf der einen Seite wird seine Zerrissenheit deutlich. Er möchte als Araber letztendlich doch einfach nur dazugehören, angenommen werden ungeachtet seiner Herkunft. Er könnte einem ja leid tun, aber dafür ist er mir viel zu depressiv, gleichgültig und selbstzerstörerisch. Letzten Endes scheitert die versuchte Assmiliation nicht nur an der Gesellschaft, in der er lebt, sondern auch an ihm selbst. Das Ende bleibt offen und ließ mich ratlos und auch ein bisschen genervt zurück.

Die politischen und geschichtlichen Hintergründe bleiben leider für meinen Geschmack zu oberflächlich. Ich musste mir stets ins Gedächtnis rufen, dass das Buch in Israel veröffentlicht wurde und die Leser dort natürlich mehr mit den Hinweisen anfangen können. Das ist dem Autor also nicht vorzuwerfen, dennoch empfand ich es beim Lesen anstrengend und war teilweise etwas planlos.

Dieses Buch zeigt anhand eines Einzelschicksales vermutlich sehr realistisch die schwierige Situation von Arabern in Israel auf. Dies ist generell natürlich sehr interessant für mich gewesen. Allerdings konnte ich weder mit dem Schreibstil noch mit dem Protagonisten (und allen anderen Figuren) wirklich etwas anfangen.

Ich empfehle wirklich, noch weitere, vor allem auch positive Rezensionen zu „Tanzende Araber“ zu lesen und selbst zu entscheiden, zu welchem Leserkreis man gehört. Ich denke nämlich, ich war einfach nicht die richtige Zielgruppe für dieses sicherlich anspruchsvolle Werk und hatte mir einfach etwas Anderes versprochen.