Rezension

Vertrauen ist wie ein Plaster - einmal ab, klebt es nicht mehr richtig

Ich bin nicht da -

Ich bin nicht da
von Lize Spit

Bewertet mit 4 Sternen

In ihrem zweiten Roman begibt sich Lize Spit in das Seelenleben der jungen Frau Leo, die sich von heute auf morgen in einer völlig veränderten Lebenssituation befindet, als ihr Partner Simon beginnt, seine Persönlichkeit radikal zu verändern. Als es nicht mehr (er-)tragbar für sie ist, holt sie sich Hilfe. Dennoch vergeht einige Zeit und es passieren furchtbare Dinge, so dass Simon schließlich in die Psychiatrie kommt, wo eine schwere psychische Erkrankung diagnostiziert wird.

Dieser Roman beschreibt in Rückblenden die Beziehung von Leo und Simon, wie sie zehn Jahre zuvor zueinander gefunden haben, wie sehr sich ihre Kindheit und Jugend ähnelt - bei beiden gab es traurige Verluste in der Vergangenheit und schwierige Familienverhältnisse. Die Gemeinsamkeiten haben sie gewissermaßen zusammengeschweißt. Es ist eine intensive, glückliche Beziehung der beiden, an Familiengründung mit Hochzeit und Kindern denken sie bereits. Alles wirkt sehr harmonisch.

Schon bald wird in diesen Rückblenden aber ausschließlich der Zeitraum seit Simons plötzlicher Erkrankung bis zum Jetzt beschrieben. Immer aus der Sicht Leos.

Zusätzlich erleben wir im Roman - einem Countdown gleich - die letzten elf Minuten bis zur Auflösung einer möglicherweise grausamen Tat Simons. Diese elf Minuten werden durch die Rückblicke unterbrochen und erzeugen dadurch eine gleichbleibende, enorme Spannung. 

Lize Spit schafft es durch einen sehr einfühlsamen, oftmals poetischen Erzählstil, mich komplett in diese Geschichte hineinzuziehen. Wie Leo diese Situation versucht zu meistern, wie verlassen sie ist und völlig am Ende ihrer Kräfte. Wie sehr sie aber aus Liebe zu Simon nicht aufgeben will, ungeahnte Kräfte und Möglichkeiten findet um durchzuhalten, wie sie weiterhin krampfhaft versucht zu vertrauen, obwohl es ihr schier unmöglich scheint, wie sie sich selbst bei alledem immer mehr verliert... dieses gesamte Stimmungskaleidoskop ist in einer Intensität beschrieben, dass mich das Erzählte extrem berührt und mitnimmt.

Ebenso die Beobachtungen von Simons Auf und Ab - die verschiedenen Phasen der bipolaren Störung sind extrem detailliert und ausführlich dargestellt. Es wirkt alles sehr authentisch, jedoch wiederholt es sich zum Ende hin und zieht sich ein bisschen in die Länge.

Alles in allem habe ich den Roman mit Haut und Haar erlebt - was bei dieser Thematik aber dazu führt, dass ich nun am Ende etwas down bin ;-) Es war für mich ein sehr intensives, augenöffnendes, bedrückendes und trotzdem großartiges Leseerlebnis. Lize Spit schreibt auch in diesem Zweitling ganz grandios! Kann ich allen, die psychologisch gut ausgearbeitete, sprachlich hervorragende Romane mögen, sehr ans Herz legen. Aber Vorsicht: es gibt auch grausame Gewaltszenen...

Kommentare

wandagreen kommentierte am 16. September 2022 um 16:58

Schöne Rezi, aber die Autorin taugt nicht für mich. Mach was Schönes, sieh Liebesfilm, besser noch was Lustiges, Bloss, es gibt nicht viel gutes Lustiges. Donald Duck?

 

Naibenak kommentierte am 07. Oktober 2022 um 10:59

Ach schon... es gibt zum Glück einige herrlich komische Serien, die bei mir auf der Tagesordnung stehen, um dem ganzen Ernst ein bisschen zu entfliehen^^