Rezension

Tiefgründiger, sehr bewegender Jugendroman

Liebeskinder
von Jana Frey

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zwei Liebende. Zwei Schicksale. Und eine Geschichte, in der alles, aber auch alles miteinander verbunden ist.

INHALT

Zadoc liebt alles an Ivory. Ihr Haar, das sämtliche Farben des Herbstes hat. Der ständig wechselnde Ausdruck aus ihren winterhimmelblauen Augen. Und vor allem ihren Geruch nach Wind und Widerstand. Kenzie liebt alles an Amos. Seine hellgrün schimmernden Augen, sein Lachen und Lächeln, seine Musik, seine Art, sich zu bewegen, seinen Gang. Und sie liebt es, dass er zu ihr gehört. Zu ihr ganz allein. (Quelle Arena Verlag)

MEINE MEINUNG

Mit „Liebeskinder“ ist der Autorin Jana Frey ein außergewöhnlich tiefgründiger und äußerst bewegender Jugendroman gelungen, dessen zentrales Thema die Liebe in ihrer ganzen Vielfalt ist.

Es ist eine ergreifende Erzählung über Liebe und Leidenschaften, Eifersucht und die Abgründe der Liebe, Verrat und Machtansprüche, aber auch über eine großartige Freudschaft aller Widrigkeiten zum Trotz.

Im Mittelpunkt der vielschichtig angelegten Erzählung steht nicht eine romantische Liebesgeschichte zwischen Teenagern, wie man aufgrund des Klappentextes zunächst erwarten könnte, sondern die allmählichen Enthüllungen eines tragischen Familiendramas, das einen erschütternden Einblick in die Abgründe der menschlichen Psyche offenbart und unter die Haut geht.

Obwohl die Geschichte sich mit den zwei nebeneinander verlaufenden Handlungsfäden, die zudem auf verschiedenen Zeitebenen angesiedelt sind, sehr behutsam entwickelt, baut sich schon bald durch die häufigen Wechsel der Erzählperspektiven enorm Spannung auf.

In unterschiedlichen Begebenheiten lernen wir den offenbar psychisch schwer kranken Jungen Zadoc kennen, der zusammen mit seiner strengen Mutter im kalifornischen Springfield lebt. Während er von allen anderen ausgegrenzt wird, ist die hübsche Ivory, seine treue Sandkastenfreundin, die Einzige, die ihn so nimmt, wie er ist, unbeirrbar zu ihm hält und ihn versteht.

Im weiteren Handlungsstrang erfahren wir in vielen verschiedenen Episoden Details aus der äußerst ungewöhnlichen Kindheit und Jugend der beiden Schwestern Kenzie und Janis. Sie sind mit ihren lesbischen Müttern in einer sehr unkonventionellen Familie großgeworden, während ihr leiblicher Vater Hap nur höchst selten zu Besuch gekommen ist, bis er nach der Heirat mit seinem Freund den Kontakt zu seinen Töchtern schließlich ganz abbricht. Die ältere Kenzie ist mit sich, ihrem Aussehen und Leben todunglücklich und extrem neidisch auf ihre beliebte, wunderschöne Schwester Janis, die das Leben vollauf genießt und der alles Glück der Welt einfach zu zufallen scheint.

Die Charakterisierung der verschiedenen Figuren ist der Autorin hervorragend gelungen. Äußerst vielschichtig und glaubwürdig sind ihre recht schwierigen Persönlichkeiten gezeichnet, so dass man sich sehr gut in ihr Innenleben hineinversetzen und ihre Handlungen nachvollziehen kann.

Lange Zeit kann man nicht abschätzen, wie die beiden so unterschiedlichen Handlungsstränge dieser sehr raffiniert angelegten Geschichte zusammenhängen könnten und fragt sich, auf was das Ganze hinauslaufen könnte. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, den Leser von der ersten Seite an mit ihrem sehr rätselhaften Prolog zu fesseln, und ihn auf eine bewegende Entdeckungsreise mitzunehmen. „Liebeskinder“ ist ein sehr feinfühlig erzählter Roman, auf den man sich unvoreingenommen und ohne große Erwartungen einlassen sollte, denn erst nach einer Weile entfaltet die mitreißende Geschichte eine unglaubliche Sogwirkung. Denn mit der melancholisch-unheilvollen Grundstimmung, die allgegenwärtig über den erzählten Geschehnissen liegt, wird man unweigerlich immer tiefer in die Geschichte voller Tragik und schicksalhafter Wendungen hineingezogen.

Durch viele eingestreute Andeutungen und mit Hilfe einiger geschickt zusammengeführter Handlungsfäden beginnt der Leser ab Mitte des Romans gewisse Zusammenhänge zu erahnen. Nach einigen unvorhersehbaren Wendungen gipfelt die Geschichte schließlich in einem unglaublich packenden Finale. Die unfassbaren Enthüllungen am Ende des Romans reißen einem beinahe den Boden unter Füßen weg und lassen einen angesichts der tragischen Tragweite fassungslos und sehr nachdenklich zurück. Sehr gut gefallen hat mir auch der stimmige, versöhnlich stimmende Ausklang des Romans.

FAZIT

Ein fesselnder, tiefgründiger und sehr bewegender Roman, der mit seiner Thematik vor allem junge Erwachsene ansprechen wird.