Rezension

Superhart: das beste Buch aller Zeiten!

Verbrechen und Strafe - Fjodor M. Dostojewskij

Verbrechen und Strafe
von Fjodor M. Dostojewskij

Bewertet mit 5 Sternen

Extrem böse ist dieser Psychothriller Dostojewskijs!

Gibt es eine spannendere, aufwühlendere Szene als eben die Mordszene, die Ausgangspunkt dieser irren Achterbahnfahrt durch menschliche Abgründe bildet? Ein Mann, der die Schritte zu seinem auserkorenen Mordopfer zählt, unter seinem Mantel versteckt die Mordwaffe, ein Beil.

Ja, ich liebe die Russen einfach für diese unglaublichen Romane voller Drama und Brutalität. Na gut, ausufernd mögen sie manchmal sein, verwirrend auch die russischen Namen.

„Verbrechen und Strafe“ ist aber eines der Bücher, die man einfach nicht verpasst haben darf, wenn man eines Tages von dieser Erde abtritt.

Der Held dieser Geschichte ist ein Doppelmörder. Raskolnikow, auf deutsch ungefähr „der Gespaltene“. Ein verarmter Student, der eine absonderliche Theorie aufstellt: er ist mehr wert als andere Menschen. Er hat eine Mission zu erfüllen. Wenn er unwertes Leben auslöscht um damit gutes zu tun – geschenkt! Er ist ein Genie, eine Art Übermensch, der um seiner guten Ziele Willen auch eine „Laus zertreten“ darf.

Raskolnikow begeht einen Raubmord an einer Pfandleiherin, die Wucherzinsen nimmt. Mit dem Beutegut möchte er sich ein neues Leben aufbauen und schließlich der Menschheit helfen.

Unglücklicherweise kommt ihm bei der Tat die Schwester der Pfandleiherin in die Quere, auch sie erschlägt Raskolnikow mit seinem Beil. Was folgt ist die Hölle: Raskolnikow wird krank, wird von Fieberträumen heimgesucht.

Und auch die Polizei beginnt sich für ihn zu interessieren. Schon bald ist er der Hauptverdächtige in dem Doppelmordfall.

Und der Leser verbündet sich mit dem Doppelmörder. Am Tatort zittert man, dass er unerkannt fliehen kann. Später durchlebt man schweißgebadet die Verhöre der Polizei.

Heiner Müller nannte das Buch „die erste Ahnung von Ausschwitz“. Tatsächlich ist Raskolnikows Ideologie nicht weit von der der Nazis entfernt. Er zertritt eine Laus, die Nazis vernichteten „unwertes Leben“.

Und trotzdem mag man Raskolnikow. Man macht halbe Sache mit ihm.

„Verbrechen und Strafe“ wohnt eine klaustrophobische Spannung inne, die immer mehr zunimmt. Ich habe nie etwas spannenderes gelesen!

Nicht fassbar: man liest die Mordszene. Man ist auf zugleich auf der Seite des Täters. Aber auch auf der Seite des Opfers. Dieses Buch ist zutiefst schizophren!

Ich habe nie, nie, in was für einem Krimi auch immer, mit dem Mörder mitgefiebert. Auch wenn es merkwürdig klingt: ich habe mich noch nie wie ein Mörder gefühlt!

Aber genau das bietet dieser unglaubliche Roman aus dem 19. Jahrhundert!

Und solche Verhöre habe ich auch nicht mehr gelesen seit diesem Meisterwerk.

Ich fühlte mich selbst auf der Anklagebank!

Bitte nicht abschrecken lassen von dem Vorurteil gegenüber Dostojewskij, dass er „schwere Kost“ liefert. Klar, harter Tobak ist das auf jeden Fall. Kuschelromane waren Dostojewskijs Sache nicht.

Aber wer wirklich einen Psychothriller allererster Güte lesen möchte: der greife zu diesem Klassiker. Zumal in diesem Buch auch noch eine unglaublich große Liebesgeschichte versteckt ist.

Ich lese immer wieder in diesem Buch, bestimmte Szenen haben sich einfach eingebrannt in mein Hirn.

Ja, auch Goebbels faszinierte dieser Roman. Der spätere Massenmörder und Kriegsverbrecher schrieb als Germanistikstudent sogar einen Raskolnikowroman. Aber auch Freud liebte dieses Ungetüm von Roman, später Coetzee und unzählige mehr. Nicht zu vergessen Woody Allens „Matchpoint“!

In einer sehr lohnenswerten Folge des „Literarischen Quartetts“ mutmaßte Marcel Reich-Ranicki, wenn Dostojewskij heute leben würde, würde er Filme machen.

Ich denke, dass Dostojewskij in der heutigen Zeit eine Art Mischung aus David Lynch und Lars von Trier abgeben würde.

Na gut, ich schweife ab. Ich laber und laber.

Aber: was soll ich dagegen tun? Dieses Buch ist eine Naturgewalt. Für mich ist es das beste Buch aller Zeiten. Basta!

Kommentare

Philipp Buschatz kommentierte am 09. März 2014 um 13:42

Ich merk gerade, dass ich an ein paar Stellen ziemlichen Unsinn geschrieben habe.

Ich mag dieses Buch bestimmt nicht wegen seiner „Brutalität“. Ich meinte damit, dass ich es mag, dass viele Romane Dostojewskijs eigentlich auch Kriminalromane sind. Wegen „Brutalität“ mag ich keine Bücher, aber ich mag gerne Krimis, und da sind Mord und Totschlag nun mal unerlässlich.

Zudem mag ich sehr die starken Charaktere. Dostojewskijs Bücher sind ja ein Stimmengewirr verschiedenster Personen und Ansichten.

Und er hat einen ganz eigenen Sinn für Humor – wobei einem das Lachen bei „Verbrechen und Strafe“ eher im Halse stecken bleibt. Ist auch ein Vorurteil, dass Dostojewskij keinen Humor hätte. Kann man eigentlich nur sagen, wenn man noch nichts von ihm gelesen hat.