Rezension

Sternen Unbegreifbar

XY - Sandro Veronesi

XY
von Sandro Veronesi

Bewertet mit 4 Sternen

Ein grausamer Auftakt: In einem Wald, voellig abgelegen, geschieht ein Verbrechen, das es eigentlich nicht geben kann. Elf Tote, alle an unterschiedlichen Ursachen gestorben (eine Person an Haibissen(!)), alle zur selben Uhrzeit. Die Polizei erklaert die Sache zu einem Staatsgeheimnis und vertuscht das wahre Geschehen, um ihre Hilflosigkeit zu verbergen.
Im nahegelegenen Dorf, dessen Bewohner die Toten gefunden haben, brechen derweil uralte Konflikte wieder auf, die Gemeinschaft droht zu zerreißen. Der Pfarrer und eine Psychiaterin versuchen, eine Art Frieden wiederherzustellen und auch die Gruende fuer das Geschehene zu ermitteln. Doch jede Form logischen Denkens stoesst hier an Grenzen.
Erzaehlt wird aus zwei Blickwinkeln: Einmal berichtet der Pfarrer, dann die Psychiaterin Giovanna, die ueberwiegend eine Form von Selbstgespraechen fuehrt: meist endlose Saetze, teilweise auch ohne jede Interpunktion - etwas gewoehnungsbeduerftig aber ueberzeugend die Gefuehlssituation, in der sich Giovanna befindet. Trotz des entsetzlichen Beginns ist es kein Krimi oder Thriller, in dessen Mittelpunkt die Aufloesung dieses Verbrechens steht. Vielmehr entwickelt sich die Geschichte zu einer Art Psychogramm, nicht nur des ganzen Dorfes, sondern auch der beiden Hauptfiguren, Don Ermete dem Pfarrer und Giovanna, der Psychiaterin, waehrend das unfassbare Ereignis immer mehr in den Hintergrund rueckt. Dennoch: Ich fand das Buch spannend bis zum Schluss und es fiel mir schwer, es aus der Hand zu legen.
Anstrengend sind die ganzen Familienbande, die in diesem Buch bestehen, ich hatte gelegentlich doch Muehe, einen Ueberblick zu behalten. So zeichnete ich mir beim Lesen die Verwandtschaftsverhaeltnisse auf, was sich dann auch immer wieder als nuetzlich erweisen sollte. Hilfreich ist hierzu ebenso die Website, auf der alle Personen mit ihren Eigenheiten und Beziehungen auf gefuehrt werden. Einziges Manko dort: Es fehlte mir eine Art uebersichtlicher Stammbaum - doch den hatte ich mir ja zwischenzeitlich schon selbst gezeichnet.