Rezension

Sehr guter zweiter Roman eines relativ neuen Autors

Kälteeinbruch - Jan-Erik Fjell

Kälteeinbruch
von Jan-Erik Fjell

Das Cover ist ein durchaus ansprechendes Cover, das ins Auge springt und dem man direkt ansieht, dass es sich hier um einen Thriller handelt. Herausragend oder außergewöhnlich ist es allerdings nicht, was schade ist - denn der Roman ist meiner Meinung nach beides.

Das Buch lebt von seinen lebendigen, dreidimensionalen Charakteren, wobei im Zentrum der Geschichte vor Allem Barnandas Mielkos und Anton Brekke stehen. Allerdings herrschte da für mich erstmal verkehrte Welt - ich mochte den Kriminellen schnell, fand den Polizisten dagegen fürchterlich unsympathisch.

Mielkos ist der Kleinkriminelle, der sein Gewissen entdeckt, als im klar wird, was mit den Jungen geschehen sollte, die er unwissentlich nach Norwegen geschmuggelt hat. Im Laufe des Buches ist er mir immer sympathischer geworden. Er hat in seinem Leben eine Menge falscher Entscheidungen getroffen, aber er hat dennoch Skrupel und bringt den Mut auf, sich für zwei fremde Kinder gegen seinen Auftraggeber zu stellen und damit sein eigenes Leben zu riskieren.

Anton Brekke ist einiges: arrogant, übermäßig von seinen Fähigkeiten überzeugt, großkotzig und seinen Mitmenschen gegenüber wenig einfühlsam oder Rücksicht nehmend. Spielsüchtig ist er auch, was ihn schon seine Familie gekostet hat, und dennoch will er nicht ernsthaft damit aufhören. Im ersten Kapitel dachte ich mir noch: Oh Gott, das kann ja was werden. Ich tue mich immer schwer mit Büchern, deren Protagonisten ich nicht mag. Aber trotz all seiner Fehler habe ich mich mehr und mehr mit Anton Brekke angefreundet, bis ich ihn als Hauptfigur sogar großartig fand - bis zum Schluss ist er nicht unbedingt ein netter Mensch, aber zumindest steckt auch unter dieser steinharten Schale anscheinend irgendwo ein anständiger Kerl.

Auch die Nebencharaktere sind gut beschrieben, sowohl die Guten als auch die Bösen... Und die irgendwo dazwischen, in der moralischen Grauzone. Der Autor macht es dem Leser nicht einfach, denn auch die sympathischen Charaktere haben zum Teil schwerwiegende Schwächen, Macken und Fehler. Und er hat auch keine Probleme damit, sympathische Charaktere sterben zu lassen!

Die Grundidee ist originell, und das Buch ist gut und sehr spannend geschrieben... Die Handlung ist vielschichtig. Einige Dinge weiß der Leser schon lange vor den Ermittlern, was aber meiner Meinung nach durchaus Absicht ist - die Spannung liegt bei diesen Dingen eher darin, ob und wie die Ermittler es herausbekommen werden. Es gibt allerdings auch ein paar falsche Fährten, und die tatsächliche Lösung am Schluss hat mich komplett überrascht - damit hätte ich nie gerechnet, und ich fand es dennoch glaubwürdig.

Den Schreibstil fand ich generell sehr ansprechend, nur in manchen Passagen war er mir zu abgehackt, mit extrem kurzen Sätzen.

In Norwegen ist der Autor bereits ein Hit und hat Auszeichnungen für seine Bücher gewonnen. Sein "Held", Anton Brekke, ist absolut kein Saubermann, sondern ein sperriger Charakter, der zunächst nicht sehr sympathisch erscheint - aber es lohnt sich, ihm eine Chance zu geben.