Rezension

Rezension || "Der Fluch der Hebamme" von Sabine Ebert

Der Fluch der Hebamme - Sabine Ebert

Der Fluch der Hebamme
von Sabine Ebert

Bewertet mit 2 Sternen

Erster Satz
Reglos und mit halb geschlossenen Augen beobachtete Lukas, wie sich seine Frau aus dem Bett stahl, obwohl der Tag kaum angebrochen war.

Inhalt
Bereits fünf Jahre sind vergangen, seit Christian im Auftrag von Albrecht von Meißen getötet wurde. Lukas und Marthe leben immer noch in Freiberg, als Albrecht nicht mehr darauf warten will, dass sein Vater, der Markgraf, von selbst das Zeitliche segnet, damit er sein Erbe antreten kann. Auf einem abgelegenen Landgut setzt er seinen Vater in Gefangenschaft und kehrt selbst als Markgraf der Mark Meißen zurück nach Freiberg. Marthe, Lukas, ihre zwischenzeitlich fast erwachsenen Kinder und sämtliche Stadtbewohner, die mir Christian vor Jahren in den Osten kamen, wissen, welche schwerwiegende Folgen dieser Machtwechsel mit sich bringen kann. Um Markgraf Otto und dessen Frau Hedwig zur Hilfe zu eilen, bricht Thomas, Christians ältester Sohn, gemeinsam mit seinem Freund Roland auf, um den Kaiser über diesen Vorfall in Kenntnis zu setzen. Doch der hat sich bereits auf den Weg ins Heilige Land gemacht, um dort Jerusalem zu befreien. Als Thomas und Roland ihn tatsächlich noch erreichen, schließen sich beide dem Kreuzzug an, da sie zuvor aus Albrechts Verließ entflohen sind und nirgends mehr sicher sein können. Doch obwohl Albrecht vom Kaiser eindeutig befohlen bekommt, seinen Vater frei zu setzen und diesem die Markgrafschaft wieder zu überlassen, ist allen klar: Otto, zwischenzeitlich bereits an die 70, lebt nicht ewig und dann kehrt Albrecht zurück. Lukas, Marthe und ihre Freunde müssen sich auf dunkle Zeiten einstellen.

Meine Meinung
"Der Fluch der Hebamme" ist der vierte Teil der fünfteiligen Hebammen-Reihe von Sabine Ebert. Aber bevor ich mich auf den Inhalt stürze, ein, zwei Worte zur Covergestaltung. Nach Band 3 wurde das Cover verändert. Ob man nun das alte oder das neue Motiv schöner findet, ist eine reine Geschmackssache, aber nun habe ich mal wieder eine Reihe im Regal stehen, die zwei unterschiedliche Cover aufweist. Allerdings finde ich es vorbildlich vom Knaur Verlag, dass er wenigstens auch die ersten Teile im neuen Design rausgebracht hat. So besteht immerhin die theoretische Chance, ein einheitliches Bild im Regal zu erzeugen.
Aber es kommt ja vor allem auf den Inhalt an. Wer "Der Fluch der Hebamme" in der Hand hält, hat höchstwahrscheinlich auch die drei Vorgängerbücher gelesen. Für mich war es wie ein Wiedersehen mit alten, mir bereits seit Jahren bekannten Freunden. Der Einstieg in die vorherigen Bücher fiel mit aber um einiges leichter, als dieses Mal. Marthe ist nun seit fast 5 Jahren mit Lukas verheiratet und das fand ich für mich persönlich etwas gewöhnungsbedürftig. Allerdings konnte ich mich nach einigen Seiten wieder in die Geschichte und seine eigene Atmosphäre einfinden. 

Den Schreibstil von Sabine Ebert kannte ich ja bereits, doch beim vierten Teil der Reihe hatte ich das Gefühl, dass sich dieser ein wenig verändert hat. Das mag vor allem an der ausführlichen Darstellung der Kreuzzüge liegen und der damit verbundenen Dateilausführungen. Bisher fand ich die Mischung zwischen Handlung und solche Stellen, die die Umwelt beschreiben, sehr gut ausgewogen. Und genau da liegt jetzt der Hund begraben. An manchen Stellen hatte ich nicht das Gefühl, einen historischen Roman zu lesen, sondern eher ein Sachbuch. In den abschließenden Bemerkungen der Autorin zum Buch wird ihre Begeisterung für die Kreuzzüge ganz deutlich und eine Verflechtung von Kreuzzügen und Entwicklung der Stadt Freiberg hätte ich auch toll gefunden, aber diese ausführliche Darstellung war "too much". In den drei vorherigen Büchern ging es primär immer um Marthe und ihr Schicksal und dabei brachte Frau Ebert dem Leser auch gleichzeitig die Entstehung und Entwicklung von Freiberg nahe. Mit "Der Fluch der Hebamme" hat sie aber einen Bruch in diese Tradition gebracht und meiner Meinung nach merkt man das auch am Schreibstil, den ich stellenweise sehr kühl und distanziert fand. 
Und die Protagonistin Marthe, welche der Leser ja schon seit mehreren Bücher begleitet, spielt dieses Mal kaum noch eine Rolle. Auch dahingehend gibt es einen Bruch zu den Vorgängern. Nur wenige Stellen beschäftigen sich noch mit den "alten Charakteren". Dafür tritt Thomas, der älteste Sohn von Marthe und Christian mehr in den Vordergrund, ohne ihm aber eine richtige Geschichte zu geben. Er schließt sich dem Kreuzzug ins Heilige Land an, es wird beschrieben, welche Hindernisse die Kreuzzügler bestehen müssen und wo sie sich wann befanden. Aber abgesehen davon hat Thomas keine eigene Handlung bekommen. Dafür bekamen die bekannten Charaktere, soweit sie noch eine Rolle spielen, eigentlich eine Handlung, die der Leser so oder ähnlich bereits aus einem der vorherigen Büchern kennt. Lukas kommt mal wieder gerade so mit dem Leben davon und versteckt sich bei seinem Kumpel Raimund, Albrecht spielt immer noch den ungezogenen kleinen Markgrafensohn, dem die Macht zu Kopfe steigt, aber den Hammer bringt tatsächlich die namengebende Hebamme: die schafft es mal wieder, unentdeckt aus einem Verließ zu verschwinden. Leser der Reihe werden jetzt aufschreien: DAS kennen wir doch! Durch die veränderte Charaktergewichtung bekommt die Geschichte eine ganz andere Atmosphäre, was ich wirklich schade fand. Da Sabine Ebert Thomas gemeinsam mit dem Kaiser ins Heilige Land geschickt hat und diesem Teil des Buches ein großer Teil zukommt, verliert sich auch das Anliegen der Autorin, eben die Geschichte von Freiberg aufzuzeichnen. Die Handlungsstränge überschneiden sich nur anfangs und dann bekommt der Leser zwei ganz unterschiedliche Geschichten geliefert. Mir kam es dabei allerdings so vor, dass Frau Ebert aber nicht beiden Geschichten gerecht werden konnte und damit fesselte mich keiner der beiden Handlungsstränge. 

Der Verlauf beider Geschichten kommt erst schleppend in Gang, nimmt dann etwas Fahrt auf und wird dann wieder mit voller Bremse zum Stillstand gebracht. Ein richtiger Spannungsbogen baut sich nicht auf und als dann auf den letzten 100 Seiten nur noch eine Aneinanderreihung von Königen, die sich gegenseitig bekriegen und Gebieten, die es zu erobern gilt, stattfindet, habe ich die Seiten stellenweise nur noch überblättert und das macht ich eigentlich nie!! Am Ende überschlägt sich auf Kreuzfahrerseite noch mal kurz das Geschehen, bevor dann das Buch ohne Cliffhanger endet. 

Bewertung
Alles in allem hatte ich den Eindruck, dass Sabine Ebert, als sie mit der Reihe begann, eigentlich nur die Geschichte um die Entstehung von Christiansdorf und dessen Entwicklung erzählen wollte. Doch dann ist sie über die Kreuzzüge gestolpert und wollte nun daraus auch etwas machen. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, aber mir persönlich hat nicht gefallen, dass sie dafür die Hebammen-Saga verwendet hat. Ein seperates Buch hätte ich besser gefunden, da dadurch die Story ihren Charme verliert und alles etwas unfertig rüberkam. Trotzdem wurde auch beim vierten Teil wieder einwandfreie Recherche betrieben und auch dieses Mal wieder viel Wert darauf gelegt, dass der Geschichte eine wahre Geschichte zu Grunde liegt. Dies verdient definitv einen extra Punkt. Ich bin jetzt auf jeden Fall gespannt, wie Sabine Ebert die Reihe abschließt.