Rezension

"Rattenfänger" von Paul Finch

Rattenfänger - Paul Finch

Rattenfänger
von Paul Finch

Bewertet mit 5 Sternen

Niemand entkommt dem Rattenfänger
Unschuldige Menschen sterben. Zwischen den Morden vergehen Tage, Monate. Wo zunächst kein Zusammenhang scheint, erkennt Detective Mark Heckenburg vom Dezernat für Serienverbrechen ein grausames Muster. Die Zeit läuft, denn der Killer handelt nach Plan. Und nichts wird ihn davon abhalten, diesen Plan in die Tat umzusetzen. [ Quelle: Piper ]

Heckenburgs zweiter Fall

Mark Heckenburg, der etwas unkonventionelle Ermittler ist wieder zurück. Und dieses Mal hat er es mit einem Fall zu tun, wie er ihn sich hat nicht einmal vorstellen können. Und zunächst schaut es auch gar nicht nach nur einem Fall aus, sondern nach mehreren unabhängigen. Zunächst wird in einem leerstehenden, baufälligen Gebäude der Weihnachtsmann gefunden - tot und eingemauert in einer Wand. Dann stirbt ein junges Pärchen in einem Waldstück. Wie von Amors Pfeil durchspießt und an den Sitz ihres Autos genagelt. Es dauert einige Zeit, bis auch ein so grandioser Ermittler wie Heckenburg einen Zusammenhang zwischen den Taten zieht. Doch dann wird klar: irgendein Verrückter begeht die Feiertage etwas makaberer als der Rest der Bevölkerung

Dem Buch liegt also eine spannende Idee zugrunde, die viel Potenzial für eine geladene, packende Geschichte hat. Der Einstieg ins Buch beginnt erst einmal gemächlich und nach und nach geschieht eine Tat nach der anderen. Wie schon im ersten Teil ist man als Leser teilweise wieder direkt beim Opfer, wenn es auf seinen Mörder trifft. Das kannte man ja bereits aus Mädchenjäger. Und obwohl dadurch direkt mal eine unglaubliche Spannung aufgebaut wird, braucht der eigentliche Fall seine Zeit, um ins Rollen zu kommen. Denn eigentlich ist klar, dass die unterschiedlichen Fällen irgendwie miteinander in Verbindung stehen müssen, allerdings war es mir lange Zeit gar nicht möglich, genau diese Verbindung herzustellen. Das führt unweigerlich dazu, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen will, weil man eben unbedingt herausfinden will, wie sich die Puzzleteile zusammenfügen.

Finch vermeidet Fehler aus Band 1

Die Vorgehensweise, bereits aus dem zugrunde liegenden Fall ein kleines Rätsel zu machen, hat mir unglaublich gut gefallen. Damit wird zwar nicht sofort ein super rasantes Tempo vorgelegt und es bleibt noch Platz für eine Steigerung. Außerdem hat Finch nicht wieder den Fehler gemacht und hat den Leser von vorneherein mit zu vielen Infos gefüttert. Zwar habe ich das in meiner Rezension zu Mädchenjäger nicht bemängelt, doch im Vergleich zu Teil 2 fiel es mir nochmals negativ auf.

Es macht den Anschein als hätte Paul Finch wahrlich dazu gelernt und sich richtig verbessert, was Schreibstil, Spannung und Handlungsbogen angeht. Das Gesamtpaket stimmt einfach. Die Story wird von Seite zu Seite spannender und zieht den Leser immer tiefer hinein. Und als Krönung hat sich Finch auch noch ein paar wirklich unerwartete Wendungen einfallen lassen, was ja für einen Thriller nicht unbedingt die schlechteste Idee ist.

Lücken aus dem Vorgänger nur stiefmütterlich behandelt

Richtig geärgert hab ich mich allerdings darüber, wie mit den noch offenen Fragen aus dem Vorgänger umgegangen wurde (Achtung, nachfolgend Spoiler-Gefahr). Wer Teil 1 gelesen hat, weiß ja, dass die Täter zwar identifiziert wurden, aber nicht alle dingfest gemacht werden konnten. Da hatte ich mir schon erhofft, dass dieser Handlungsstrang im Nachfolger nochmal aufgenommen wird. Immerhin lag ja der Verdacht nahe, dass auch ein Polizist intern mit in der Sache drinhängt. Und tatsächlich wird dazu auch noch etwas im zweiten Teil gebracht - genau drei Sätze. Ich meine: was war das denn bitte?

Bei mir hat sich da ganz stark das Gefühl eingeschlichen, als hätte Finch eigentlich im zweiten Teil das offene Ende wieder aufgreifen wollen, hat es sich aber anders überlegt. Das war nicht Fisch, nicht Fleisch. Da wäre es sogar noch besser gewesen, Finch hätte diesen Aspekt einfach gar nicht mehr erwähnt (wobei dann natürlich schon die Frage offen geblieben wäre, was mit dem scheinbaren Maulwurf passiert). Es war einfach nicht rund, was unglaublich schade war, weil das Buch ansonsten eigentlich in fast allen Belangen total überzeugt hat.

Bekannte und nicht so bekannte Feiertage

Der Killer im vorliegenden Buch inszeniert seine Morde also nach Feiertagen. Lange Zeit ist dabei allerdings nicht klar, ob der Mörder dies tut, um die Feiertage zu huldigen oder um sie zu verspotten. Auch hier wieder eine echte Steigerung der Spannung, da man natürlich wissen will, welche Beweggründe den Täter antreiben. Im Gegensatz zum Vorgänger bleiben also Täter und Gründe sehr lange Zeit ungewiss. Dabei sucht sich der "Feiertags-Killer" zum Teil sehr bekannte Feiertage aus, an denen er in Aktion tritt. Er bringt den Weihnachtsmann um, killt am Valentinstag ein verliebtes Pärchen...

Allerdings werden leider auch Feiertage in Angriff genommen, die mir so gar nichts gesagt haben. Zwar versuchte Finch grob dem Leser darzustellen, um was es an welchem Tag gehen soll, doch so ganz gelungen ist ihm das leider nicht. Das fand ich wirklich schade, denn meiner Meinung nach gibt es soviele bekannte Feiertage, die für diese Idee hätten bestimmt gut herhalten können. Naja, nun waren es eben auch sehr unbekannte, was ein wenig die Spannung rausgenommen hat, da man als Leser nicht recht wusste, was da auf einen zukommt.

Flüssiger Schreibstil und keine Schnörkel

Paul Finchs Schreibstil hat mich noch mal einen Tick besser gefallen als er das schon bei Mädchenjäger getan hat, und ich dachte eigentlich, das wäre schon wirklich schwer. Aber so im Rückblick war Finch in eben diesem Teil noch ein wenig in der Findungsphase. Jetzt scheint es fast so, als wäre er angekommen, denn die ganze Geschichte ist rund erzählt, ohne irgendwelche unnötigen Ausreißer oder sonstige Kanten, an denen man sich als Leser reiben könnte.

Außerdem hat Finch auch wieder den bereits bewährten Aufbau wieder genutzt, den man schon vom Vorgänger kannte. Die Sichtweise wechselt immer mal wieder zu den Opfern, hat ihren Fokus allerdings zumeist auf Heckenburg. Dessen Charakter steht nicht mehr so sehr im Vordergrund, wie es beim Vorgänger der Fall war, was mir persönlich aber ganz gut gefallen hat. Für meine Ansicht wurde das Ganze perfekt gewichtet.

Zusammenfassend lässt sich sagen...

Der zweite Teil der Heckenburg-Reihe hat mich noch ein Stückchen mehr begeistern können als sein Vorgänger. Kleine Ecken und Kanten, die mir noch bei Mädchenjäger aufgefallen sind, hat der Autor fast komplett ausmerzen können. Die Geschichte weist eine tolle Idee auf, die einwandfrei weitergeführt und aufgelöst wird. Einzig und allein gestört hat mich, wie Finch mit den noch offenen Enden aus seinem Vorgänger umgeht. Das war leider nichts halbes und nichts ganzes. Da aber der Handlungsstrang der aktuellen Geschichte auch gestört worden wäre, hätte Finch da jetzt auch noch Aspekte aus dem ersten Fall mit hinein gearbeitet, kann ich ihm diesen Fauxpas auch noch verzeihen. Alles in allem handelt es sich bei Rattenfänger um einen unglaublich gut durchdachten Thriller, der mal eine neue Idee aufweist und richtig viel Spaß macht.