Rezension

(Nur) zufrieden stellender Abschluss der Trilogie

Schattenblüte, Die Erwählten - Nora Melling

Schattenblüte, Die Erwählten
von Nora Melling

Bewertet mit 3 Sternen

Handlung:

Nach einer schweren Verletzung durch Elias’ Bruder Nick ist Luisa zur Werwölfin geworden. Und das ausgerechnet jetzt, wo Thursen für sie endgültig zum Menschsein zurückgekehrt ist und sich nie wieder in einem Wolf verwandeln kann. Das neue Leben ist ungewohnt und seltsam für Luisa – so viele neue Geräusche und Gerüche, neue Instinkte, die erwachen und Erinnerungen aus einem anderen Leben, die nach und nach verblassen. Doch das Wolfsein übt auf sie auch eine unbändige Anziehungskraft aus. Kann Luisa auf Dauer dem Drang, sich zu verwandeln, widerstehen oder wird sie für immer zum Wolf werden? Doch auch dem Rudel droht Gefahr, denn die Shinanim haben sich auf die Jagd nach den Wölfen gemacht; mit nur einem Ziel: sie ein für alle Mal auszurotten.

Eigene Meinung:

Das Cover von “Schattenblüte. Die Erwählten” ist, wie bereits die beiden vorherigen Bände, ein echter Augenschmaus und macht neugierig auf den Inhalt des Romans. Es ist wieder das Gesicht einer Frau abgebildet, die düster und – aufgrund ihrer Augen – auch ein wenig animalisch wirkt. Im Vordergrund ist eine Kerze zu sehen und egal, ob man diese als “letzten Hoffnungsschimmer” oder konkret als eine der Kerzen deutet, die an den Trauerbäumen der Wölfe brennen – so oder so passt das Bild perfekt. Auch der haptische Effekt, den bereits die ersten beiden Cover hatten, ist wieder vorhanden. Streicht man mit der Hand über den vorderen oder hinteren Einband, so spürt man dort leicht erhabene Wassertropfen und auch der Titel selbst ist aufgeprägt. Mit der Titelgebung, die nun – nach der Lektüre aller 3 Bände – einen tieferen Sinn ergibt, und den schön gestalteten Kapitelanfängen ist das Gesamtkunstwerk komplett. So muss ein Buch aussehen, Hut ab!

Die Handlung knüpft quasi nahtlos an Band 2 an und setzt mit Luisas Verwandlung zum Wolf ein. Nora Melling gelingt es hier auf wunderbare Weise, die Gedanken des Mädchens in seiner Wolfsform einzufangen. Man spürt förmlich die erwachten Instinkte, die Verbundenheit zur Natur und den ungebrochenen Drang nach Freiheit. Auch im Sprachstil schlägt sich das nieder, die Sätze werden kürzer, abgehackter, assoziativer. Generell ist es der Autorin wirklich gut gelungen, den Wölfen im Grunewald ihre eigene Welt zu schaffen – eine Welt, wie sie eben nicht schon mehrfach in anderen Werwolfromanen erzählt wurde. So ist zum Beispiel ihre Idee der Wolf-  - oder wie Nora Melling sie nennt – der Nichtnamen besonders schön und innovativ, denn bei der Verwandlung zum Wolf vergisst der Mensch seinen alten, wirklichen Namen, erhält dafür aber intuitiv einen neuen, der oft lautmalerisch an Töne erinnert, wie sie auch Wölfe produzieren können; sei es ein Knurren oder ein Heulen. Und auch die Idee der Trauerbäume finde ich wunderschön.

Leider jedoch liegt der Fokus in Band 3 nicht länger auf der Geschichte von Thursen und Luisa bzw. des Rudels, sondern dreht sich zu einem Großteil um das Ränkespiel in den Reihen der Shinanim. Die Handlung wird nämlich dieses Mal entweder aus Elias Perspektive oder der von Thursen oder Luisa geschildert. Während mir der Shinan in Band 2 noch recht sympathisch war, konnte ich sein Handeln in diesem Band zum großen Teil nicht nachvollziehen. Der liebenswerte junge Mann, der sich hingebungsvoll um kranke Kinder kümmert, will für mich nicht recht zu einem Halbengel passen, der seinen gewalttätigen Bruder beschützt – selbst wenn der das Mädchen beinahe tödlich verletzt hat, in das er verliebt ist. Und auch die Machtspiele und das zum Teil fanatische Verhalten in den Reihen der Shinanim zerstörten für mich ein wenig den Zauber des Grunewalds und des Wolflebens, der mich in Band 1 so gefangen nahm.

Einige Dinge, vor allem in dem Handlungsstrang um Elias und die Ratsmitglieder, werden sehr stark elaboriert, andere Ereignisse haben eine dermaßen schnelle Abfolge, dass alles nur noch so am Leser vorbeifliegt. Gerade am Ende hätte ich mir mehr Ausführlichkeit gewünscht und einige Geschehnisse wurden nur in der Mauerschau erzählt, obwohl ich da doch gerne “dabei” gewesen wäre. Ich möchte jetzt nicht falsch verstanden werden: ich bin ein glühender Fan von Band 1 der Trilogie und auch Band 2 konnte mich durchaus begeistern, doch manchmal denke ich, die Geschichte um Thursen und Luisa hätte auch eine solche bleiben können. Ich weiß nicht, ob die Handlung an den Shinanim wirklich gewinnt, denn obwohl sie ja eigentlich die Guten sein sollten, kann ich an ihnen nicht viel Positives entdecken. Nur der Charakter von Edgar bildet hier eine Ausnahme – ein starke Figur, von der ich gerne noch mehr gelesen hätte. Das Ende des Romans kommt dann auch recht plötzlich und überraschend. In einem bestimmten Punkt gefällt mir der Schluss ausgesprochen gut (kleiner Tipp: der Titel!), andere Aspekte waren mir doch zu einfach gelöst. Insgesamt kann ich “Schattenblüte. Die Erwählten” jedoch zufrieden zuschlagen, auch wenn mir Thursen, Luisa, Edgar und das Wolfsrudel wirklich fehlen werden!

Fazit: ein durchaus runder Abschluss der Trilogie, der an einigen Stellen ausführlicher sein dürfte