Rezension

Moderne Versuchungen...

Der Teufel in der Weihnachtsnacht - Charles Lewinsky

Der Teufel in der Weihnachtsnacht
von Charles Lewinsky

Bewertet mit 3.5 Sternen

In der Nacht vor Weihnachten hat der Papst einen schrecklichen Traum. Der Teufel steht vor seinem Bett und führt ihn in Versuchung. Oder ist es gar kein Traum? Steht da wirklich und seinem Namen alle Ehre machend der Leibhaftige? Mit der erzählerischen Raffinesse, der spitzen Feder und dem Sinn für Humor, für den der Autor aus der Schweiz berühmt ist, lässt Charles Lewinsky in seiner Satire die ranghöchsten Autoritäten unterhalb des Herrgotts gegeneinander antreten. Die Spritztour ist ein amüsantes und großartiges Lesevergnügen - und eine unwiderstehliche Versuchung für jeden Leser, welcher Religion er auch angehören mag.

"Schicker Pyjama", sagte der Teufel anerkennend. Der Papst schlug verwirrt die Augen auf und sah einen völlig fremden Mann an seinem Bett stehen, der sich mit dem fürsorglichen Lächeln eines Oberkellners über ihn beugte.
"Wer sind Sie?"
Eine Visitenkarte wuchs aus der überraschend behaarten Handfläche des Besuchers. "Teufel", stellte er sich mit formvollendeter Verbeugung vor.

Nach Hiob im Alten Testament und Goethes Faust ist es nun der Papst selbst, den der Teufel verführen will. Schuld daran ist eine Wette zwischen ihm und dem Schöpfer, dem wieder einmal langweilig war - wird es dem Teufel gelingen, den Papst zur Unterschrift auf einem dubiosen Schriftstück zu bewegen?
Immerhin kommt der Teufel sehr präsentabel daher, fein gekleidet und bestens gelaunt. Der Teufel von heute ist nämlich nicht mehr so leicht zu erkennen. Er versteckt sich in der Uniform eines Versicherungsvertreters, selbstverständlich mit Aktenköfferchen. Im Gepäck hat er zahllose Vorschläge, wie dem angeschlagenen Image der katholischen Kirche wieder auf die Sprünge geholfen werden kann, wie für mehr Zulauf gesorgt werden könnte und v.a. wie sich die bröckelnden Finanzen sichern ließen. Kulturelle Veranstaltungen, Werbespots und Handelspartner sind nur einige der Vorschläge, die dem Papst klar machen, dass er auf eine sehr moderne Art und Weise verführt werden soll...

Eine freche Form einer Weihnachtsgeschichte mit originellen und überspitzten Einfällen, die einen einerseits belustigt den Kopf schütteln lassen, andererseits aber - wäre das alles auf Dauer wirklich ausgeschlossen?
Nun ja, zumindest der derzeitige Papst wird sich wohl kaum auf derartige Verführungen einlassen, da bin ich mir sicher...

© Parden