Rezension

Mir etwas zu mysteriös

Solange die Nachtigall singt - Antonia Michaelis

Solange die Nachtigall singt
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Der 18-jährige Jari macht sich nach seiner Tischlerlehre auf, die Welt zu erkunden. In einem kleinen Ort trifft er die wunderschöne Jascha und folgt ihr in ihr Haus mitten im Wald. Schon bald muss er erkennen, dass Jascha nicht selbst nur ein einziges Geheimnis ist, sondern dass der ganze Wald ein dunkles, schreckliches Geheimnis birgt. Doch scheint es bereits zu spät: Jari kann sich der ganzen Schönheit, die er dort im kleinen Haus im Wald zum ersten Mal kennenlernt, kaum noch entziehen…

Meine Meinung:

In „Der Märchenerzähler“ habe ich Antonia Michaelis wunderbaren, poetischen Schreibstil das erste Mal kennen und zugleich lieben gelernt und er macht auch dieses Buch zu etwas Magischem. Schon der Titel zeugt davon und in Kombination mit dem dunklen, unheimlichen Cover war mein erster Eindruck von dem Buch sehr positiv. Und so viel zum Inhalt schon mal vorab: Wieder entführt uns Antonia Michaelis in eine Welt, in der man Wirklichkeit von Vorstellung kaum noch unterscheiden kann.

Jari tritt als typischer Junge auf, der nach seiner Lehre erst mal eine kleine Auszeit braucht, die große weite Welt erkunden will. Er scheint von seinen Eltern und der Kleinstadt erdrückt worden zu sein und findet dann in Jascha ein wunderschönes, atemberaubendes Mädchen. Erst folgt er Jascha in ihr Haus mit der Absicht auf Sex, findet dann im Wald aber etwas komplett Unerwartetes. Ab da ist er nicht mehr der normale, vielleicht etwas hormongesteuerte Junge, der austauschbar scheint, sondern er nimmt eine wichtige Rolle für Jascha ein. Zwar war seine Faszination durchaus verständlich, allerdings macht er wirklich einen kompletten Wandel durch, sodass man ihn gegen Ende kaum noch als den etwas schüchternen Jari erkennt. Sein Wandel war für mich sehr erschreckend, gleicht er eher einer Gehirnwäsche, und macht Jari zu einem-aus Sicht des Lesers- unberechenbaren Menschen. Antonia Michaelis hat es also wieder mal geschafft, mich zu schocken, zusätzlich aber auch  noch mit der Handlung.

Denn das kleine Häuschen im Wald birgt ein sehr, sehr dunkles, mysteriöses Geheimnis, wobei mir die Geschichte oft zu stark ins mysteriöse abgerutscht ist. Sicherlich ist es wohl beabsichtigt, dass nicht nur Jari, sondern auch die Leser Realität von Vorstellung nicht mehr unterscheiden können, allerdings ging es mir da etwas zu verwirrend zu. Gegen Ende war ich mir immer noch nicht klar darüber, was nun echt und was imaginär war-da hätte es mehr Klärungsbedarf gebraucht, vor allem, weil mir das Buch nun irgendwie nicht in sich abgeschlossen vorkam. Die Idee ist zwar echt klasse, wenn auch sehr schockierend, aber hätte finde ich klarer dargestellt werden müssen. Besonders die Sache mit Jascha, ob sie es nun immer wirklich ist, wenn Jari denkt, dass er sie sieht, war für mich bald unübersichtlich.

Fazit:

Die Idee, die Charaktere und vor allem der Schreibstil haben mir in „Solange die Nachtigall singt“ sehr gut gefallen, allerdings war es mir schnell einfach zu mysteriös und verwirrend. Wer sich gerne in scheinbar magischen, zauberhaften Welten verliert, wird hier beim Lesen sicher auf volle Kosten kommen, aber ich fand die Realität zu verschwommen mit der Vorstellung. Insgesamt also nur 4 von 5 Herzen.