Rezension

Liebende, in Trauer vereint

Du bist so schön, sogar der Tod erblasst -

Du bist so schön, sogar der Tod erblasst
von Akwaeke Emezi

Bewertet mit 3.5 Sternen

 Akwaeke Emezi, aus Nigeria stammend und in den USA lebend, hatte mich mit ihren ersten Romanen fasziniert. Da traf queerfeministische Haltung auf Spritualität der Volksgruppe der Igbo, rieben sich afrikanische und amerikanische Wertvorstellungen aneinander, schien sich die nichtbinäre Autor*in auszuloten zwischen den Welten. Das Lesen war mit einem ziemlichen Wow-Effekt verbunden. Emezis neuer Roman "Du bist so schön, sogar der Tod erblasst" lässt mich allerdings zwiespältig zurück. 

Denn irgendwie kommt es mir vor, als habe sich Emezi diesmal an den kommerziellen Erfolg verkauft, womöglich gar auf die Vefilmbarkeit des Romans geschielt mit Schauplätzen in einem New Yorker Brownhouse und einer Karibik-Insel, mit Künstler- und Stargastronomen-Milieu und Queerness gedämpft auf das, was einem Mainstream-Publikum auch alter Werte zumutbar ist.

Dabei ist der Plot gar nicht ohne: Die Künstlerin Feyi ist nach dem Unfalltod ihres Mannes vor fünf Jahren wie eingefroren, kann eine neue Beziehung nicht eingehen. Eventuell Sex, aber alles, was mit Nähe zu tun hat , schreckt sie ab,  Als sie Nasir kennenlernt, der in New York Geschäfte macht, findet sie ihn zwar sexuell anziehend, tastet sich jedoch mit großer Zurückhaltung an so etwas wie eine Bezehung heran. Nasir lädt sie auf die Karibikinsel ein, von der er stammt. Im Flugzeug erfährt sie dann eher en passant, dass sein verwitweter Vater, in dessen Luxushaus sie zu Gast sein werden, ein berühmter Starkoch ist.

Alim Blake, ebenjener Michelin-Koch, fasziniert Feyi vom ersten Moment an. Wie sie hat auch er seine Ehefrau früh verloren, seine beiden Kinder alleine groß gezogen. Es ist die Trauer um verlorene Lieben - im Fall vo Blake kommt noch eine weitere, ganz andere Verlustgeschichte hinzu - die Feyi und Alim in langen Gesprächen einander näher bringen. Mit Verlust und Trauer hat auch immer Feyis Kunst zu tun, und auch die Mäzenin, die bei Feyi eine Arbeit in Auftrag gibt, will auf diese Weise Trauer verarbeiten. 

Gleichzeitig kreist die Handkung in einer Welt schöner reicher Menschen ohne Geldsorgen mit dem entsprechenden Lebensstil - da fehlen mir die Ecken und Kanten. Nur gelegentlich spielt in den Gesprächen Feyis und ihrer besten Freundin noch der Wertekonflikt zwischen der afrikanischen Elterngeneration und den amerikanisierten Töchtern eine Rolle.

Der Schmerz um den Verlust geliebter Menschen ist in diesem Buch ein Leitmotiv, die intensive Trauer die Voraussetzung des einander-verstehens - das ist ein durchaus interessanter Einsatz. Dass sich dann eine recht absehbare Liebesgeschichte mit ebenso absehbaren Komplikationen und Gewissenskonflikten ergibt, ist irgendwie schade. Denn Emezi, sonst so ungewöhnlich, scheint sich mit "Schema F" zufrieden zu geben. Sicher, der Schreibstil ist oft sinnlich-opulent, man kann förmlich die schwüle Dschungelluft riechen und auf der Haut fühlen, die Blüten in Alims Garten sehen und Feyi bei ihrer intensiven künstlerischen Arbeit über die Schulter blicken. Wenn ich Emezis frühere Bücher nicht kennen würde, wäre ich sicher nicht so enttäuscht, sondern könnte das Buch als Liebesroman in exotischer Kulisse genießen. Es hat ja auch was. Aber dennoch bleibt das Gefühl, dass Emezi hier hinter ihrem Potential zurückgeblieben ist.