Rezension

Leben und Lieben im Zweiten Weltkrieg

Blankenese - Zwei Familien -

Blankenese - Zwei Familien
von Michaela Grünig

Bewertet mit 5 Sternen

er zweite Band um die Großreederfamilie Casparius ist zum größten Teil der nächsten Generation gewidmet. Wobei mit Sonja, Kurt und Fanni die Teenagerzeit und auch erste Schritte als Erwachsene ab 1939 und somit während der Kriegsjahre, fesselnd, authentisch, spannend, aber auch berührend und ergreifend dargestellt wird.

Sonja, die man mehr und mehr ihre jüdischen Wurzeln spüren lässt und nach kurzfristigem Schulabbruch in der elterlichen Reederei mitarbeitet. Und dabei auf bemerkenswerte Weise erkennen lässt, dass sie nicht nur über einen gesunden Menschenverstand verfügt, sondern auch bereits Weitsicht, Kompromissbereitschaft und eine objektive Einschätzung der teils misslichen Lage der Familienreederei an den Tag legt. Und die für ein großes Opfer bereit ist, um die Reederei vor dem Ruin zu retten. Und doch immer für Anerkennung und Wertschätzung – trotz ihrer geschäftlichen Erfolge – kämpfen muss bzw. unter der Nichtanerkennung sehr leidet.

Kurt, der sich praktisch in letzter Minute ebenfalls für die Teilnahme an einem Transport jüdischer Kinder nach England entscheidet, sich dort dann schweren Herzens von seinem Cousin Max, Zwillingsbruder von Sonja trennt und auf sich allein gestellt in einem fremden Land ums nackte Überleben kämpfen muss. Mehr zufällig wird er zu einem englischen Kampfpiloten ausgebildet und muss den Aufträgen gemäß sein Heimatland angreifen – eine für mich hervorragend gestaltete Charaktere, der die Autorin tief ins Herz schauen lässt und deren Gedankengänge sehr ergreifend und doch auch überzeugend und nachvollziehbar dargestellt werden.

Fanni, die sich endlich am Ziel ihrer heimlichen Träume, eine Heirat und Ehe mit ihrem bereits aus Kindertagen geliebten Otto Casparius wähnt. Und die im Laufe der Zeit dann feststellen muss, dass sich das gemeinsame Leben ganz anders entwickelt als geplant.

Zunächst aufgeteilt in zwei Erzählstränge, Sonja und Fanni in Deutschland sowie Kurt in England, nimmt der Roman bereits von der ersten Seite an Fahrt auf. Beide sehr intensiv recherchiert, einfühlsam und mit großem Sachverstand in einem sehr leichten und flüssigen und doch auch sehr fesselndem Schreibstil zu Papier gebracht. Dabei hat mich persönlich gerade Kurts Geschichte, vor allem aber auch die dadurch möglichen und überzeugenden Einblicke in ein anderes am zweiten Weltkrieg beteiligtes Land, sofort in seinen Bann gezogen.

Und für mich ebenfalls sehr bemerkenswert die Aufbereitung und Darstellung von Heranwachsenden in den Kriegsjahren. Dazu zählt beispielsweise die erste Liebe mit den sagenumwobenen Schmetterlingen im Bauch, die Hoffnung als Tochter auf Anerkennung, Wertschätzung und vor allem auch Liebe und mit dem Gefühl leben zu müssen, „nur“ ein Mädchen bzw. eine junge Frau zu sein.

Und dabei immer wieder hautnah den Kriegsalltag mitzuerleben. Flüssig und passgenau in das aktuelle Romangeschehen eingearbeitet entfaltet sich das ganze Leid dieser Zeit auf eine ganz andere und auch bedrückende Weise. Die Kriegszeit wird „lebendig“ und mehr als einmal wird die Hoffnung, dass doch noch alles gut wird, leider enttäuscht. Aber solche Entwicklungen gehörten zum damalige Alltag und dürfen und können in diesem Roman einfach nicht fehlen. Wird unzweifelhaft eine beklemmende und nachwirkende Authentizität erzeigt.

Ein erneut phantastischer Roman und die Spannung auf den dritten und letzten Band steigt.