Rezension

Konzentriert sich auf zu viel Nebensächliches

Liebe und andere Parasiten - James Meek

Liebe und andere Parasiten
von James Meek

Bewertet mit 2 Sternen

Ein Krachen von Metall auf Metall und brechendem Glas kam von der Straße draußen. Rufe und Schreie ertönten und unablässiges Hupen. Batini und Zuri liefen zum Tor und sahen, dass einer der großen weiten Toyotas des Impfstoffprojekts frontal gegen die Mauer einer Nachbarvilla geprallt war. Bec hielt immer noch das Lenkrad umklammert. "Tut mir Leid, tut mir Leid", wiederholte sie in einem fort. Zwei Ärzte bemühten sich, die Hintertüren aufzubekommen und auszusteigen, und auf dem Sitz neben Bec war Alex vornübergesackt, die Stirn auf dem Amaturenbrett.
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INHALT:
Der abgehalfterte, frühere Rockstar Ritchie hat eine Affäre mit einem minderjährigen Mädchen und schwelgt in dem Gefühl zwischen Erregung und Angst, während seine Schwester Bec, eine Wissenschaftlerin, krampfhaft versucht, einen Impfstoff für Malaria zu entwickeln. Dann serviert Bec ihren langjährigen Freund Val ab, Redakteur einer Zeitung - und dieser findet Ritchies Geheimnis heraus. Getrieben von Rache und Hass sieht er sich selbst als Hüter der Moral und beginnt ein perfides Spielchen...

MEINE MEINUNG:
James Meek gilt in Großbritannien als bedeutender Autor, der sich mit den großen Fragen um Werte, Leben, Gut und Böse auseinandersetzt. "Liebe und andere Parasiten" beschäftigt sich dabei vor allem mit der Moral und den Konsequenzen des eigenen Handelns. Der Schreibstil ist bildlich und schnörkellos, und durch detailreiche Beschreibungen wird klar, dass der Schriftsteller sich in diesem Metier auskennt, allerdings sind diese oftmals auch ausufernd und langatmig.

Ritchie ist ein recht verantwortungsloser Protagonist, mit dem ich nicht wirklich warm wurde. Er scheint irgendwann in seinen wilden Jugendjahren stehen geblieben zu sein und sich danach nicht weiterentwickelt zu haben, was zwischenzeitlich durch seine Ignoranz und seinen Egoismus sehr anstrengend wird. Bec dagegen fand ich sympathischer, wenn sie sich in ihre Suche nach einem Impfstoff für Malaria manchmal auch etwas zu sehr hinein wirft. Ihr Ehrgeiz und ihre glaubwürdige Art machen sie jedoch zu einer Figur, mit der man sich die meiste Zeit über identifizieren kann.

Redakteur Val Oatman dagegen ist der absolute Antagonist - von Rache und Hass getrieben, pragmatisch, aber auch etwas verrückt ist er der Meinung, das Recht zu haben, über andere zu urteilen, und stürzt damit einige Menschen ins Unglück. Dabei bleibt er jedoch stets glaubwürdig. Am interessantesten fand ich Ritchies Kumpel Alex, wie Bec ein Wissenschaftler, der auf Geheiß seines Onkels versucht, einen Jungbrunnen in den menschlichen Genen zu finden. Seinen Charakter fand ich vor allem anfangs etwas seltsam, aber insgesamt sehr spannend und besonders zum Ende hin angenehm vielseitig.

Trotz der überwiegend gut gestalteten Figuren hatte ich so meine Probleme mit dem Werk. Denn laut Klappentext geht es hauptsächlich um die moralischen Fragen und um die Erpressung seitens Val - James Meek kümmert sich jedoch lieber um seine zig Personen, die alle eine kleine und lange verborgene Rolle spielen. So wusste ich manchmal einfach nicht mehr, wer nun wer ist, weil es viel zu viele Charaktere sind. Hinzu kommt, dass die Geschichte einfach nicht voranzukommen scheint. Da mögen die Dialoge und das Geschehen noch so realistisch sein, wenn nichts Wichtiges geschieht, was auch mit dem Grundthema zu tun hat, sondern es zum Beispiel seitenlang nur um den sterbenden Onkel eines Charakters geht, dann ist man als Leser irgendwann gelangweilt.

Und so startet der Roman zwar interessant und findet auch immer mal wieder kurz zur Spannung zurück, wenn es darum geht, zu entscheiden, was richtig und was falsch ist, dazwischen war ich aber zu keiner Zeit gefesselt. Es geschah einfach nicht das, was ich erwartet hätte: Statt großer Panik seitens Ritchie und einem großen Auseinandersetzen mit dem Thema verstrickt sich der Autor in endlos vielen anderen Aspekten, deren Sinn sich mir persönlich des Öfteren nicht erschloss. Mag sein, dass andere Leser diese Geschichte mit vielen kleinen, ineinander verwobenen Elementen mehr zu schätzen wissen, trotz des überraschenden und originellen Endes war das Buch für mich aber leider so gar nichts.

FAZIT:
"Liebe und andere Parasiten" besitzt eine vielseitige und sehr interessante Grundgeschichte, deren Potenzial meiner Meinung nach aber nicht genutzt wurde. Vielleicht war der Roman für mich auch einfach nicht der Richtige, ich war auf jeden Fall die meiste Zeit über eher gelangweilt und wurde von den Fragen nach Moral und Recht nicht so aufgerüttelt, wie Autor James Meek sich das vielleicht gewünscht hätte. Traurige 2 Punkte hierfür.