Rezension

Klimts "Kuss" und eine kopflose Leiche

Der Kuss des Kaisers -

Der Kuss des Kaisers
von Christine Neumeyer

Bewertet mit 4.5 Sternen

Wo ist der Kopf der Leiche aus dem Thronfolgerbrunnen?

Die uns auf 48 Seiten an verschiedenen Tagen des Jahres 1908 durch die ersten 4 Kapitel des in der Hauptstadt des im k. u. k. Österreich angesiedelten und im Picus Verlag erschienenen Historischen Romans von Christine Neumeyer "Der Kuss des Kaisers - Ein historischer Wien-Krimi" führende Leseprobe konnte mein Interesse wecken.
Dies liegt nicht allein an Genre. Handlungszeit und -platz und Erzählstil, sondern auch daran, dass die Ereignisse um die Präsentation des Gustav-Klimt- Bildes "Der Kuss" eine Rolle spielen. Herr Klimt zählt zwar nicht unbedingt zu meinen Lieblingsmalern, jedoch fand ich den weitgehend auf Tatsachen beruhenden Film mit Helen Mirren (Maria Altmann) und Daniel Brühl (Hubertus Czernin) "Die Frau in Gold"
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Frau_in_Gold_(2015)
überaus interessant, welcher die in mehrjährigen Prozessen gegen die Republik Österreich erkämpfte Restitution von Nazis erbeuteter Raubkunst eindrucksvoll thematisierte. 
Abgesehen davon interessiere ich mich als austroaffiner Mensch, der sogar etliche Monate in Wien lebte und viel über die  Geschichte das Landes las, natürlich für einen dort angesiedelten historischen Krimi, wobei ca. 10 Jahre nach  "Der Offizier der Kaiserin", ich mich ganz besonders auf ein Wiedertreffen mit Polizeiagent Johann Pospischil freute.
Das Buch erfüllte dann auch voll und ganz meine Erwartungen. 
Der "Weana Schmäh" kam glaubhaft rüber, wurde jedoch nicht übertrieben und dürfte so auch "Neueinsteigern" keine Probleme bereitet haben. 
Die verschiedenen damaligen gesellschaftlichen Konflikte aller Schichten erscheinen authentisch. 

Der Kriminalfall, der mit dem Auffinden einer kopflosen und zerstückelten Leiche ausgerechnet im Brunnen des Parks von Belvedere, dem Wohnsitz des Thronfolgers, seinen Anfang nimmt, weist einen stetig steigenden Spannungsbogen auf, sein Ende ist nachvollziehbar.
Die vielfach verurteilte "Messaillance" zwischen dem österreichischen Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, und seiner "morganatischen" Ehefrau Sophie geb. Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin wurde ebenfalls thematisiert; die Ermordung des Paares am 28. Juni 1914 in Sarajevo durch Gavrilo Princip gilt als Auslöser des WK I.

Das düstere Cover passt gut, den - wenn auch möglichweise zeitmäßig stilechten - Pappumschlag empfand ich hingegen als durchaus entbehrlich.

Fazit: Leseempfehlung für ein in mehrfacher Hinsicht interessantes Buch.