Rezension

Kera und die starken Männer

Call of Crows - Entfesselt - G. A. Aiken

Call of Crows - Entfesselt
von G. A. Aiken

Bewertet mit 4 Sternen

Als Ex-Marine Soldatin Kera Watson zu sich kommt, weiß sie gar nicht, wo sie sich befindet, denn eigentlich bestand ihre letzte Erinnerung aus einem Angriff hinter dem Café, in dem sie als Barista arbeitet. Als man ihr erklärt, dass sie eigentlich durch einen Messerstich ins Herz gestorben ist und ihre zweite Chance der Norne Skuld zu verdanken hat, muss sie lernen, wie es ist, nun eine Crow zu sein. Denn sie wurde im Clan der Crows, die zu den nordischen Göttergestalten gehören, aufgenommen. Hier muss sie nun lernen, wie es ist, nicht immer alles in geordnete Bahnen laufen zu lassen und einfach mal Dinge ohne Planung auf sich zukommen zu lassen. Gar nicht so einfach für eine Ex-Marine. Zum Glück gibt es da noch Vig, vom Clan der Raven, der für Ablenkung sorgen könnte.
Meine Meinung:
Gleich vorneweg, muss ich hier betonen, dass ich noch keine anderen Bücher der Autorin gelesen habe und somit auch keinerlei Vergleiche zu anderen Reihen aus ihrer Feder ziehen kann. Der Beginn des Buches hat mir sehr gut gefallen, da der Schreibstil einfach extrem locker und flüssig ist und dann noch so humorvoll, dass ich mehr als einmal schmunzeln musste. Ich habe den Eindruck, die Autorin schreibt frei Schnauze, denn man hat einfach das Gefühl, hier etwas zu lesen, dass man rein sprachlich, so häufiger im Alltag hört, also kein gehobener oder abgehobener Sprachstil, sondern eher ein wenig derb, aber trotzdem mitreißend. Wobei ich mir denke, dass dieser Stil nicht jedermanns Geschmack ist, mir aber hat es gefallen.
Man beginnt das Buch sozusagen genau wie die Protagonistin, mittendrin und ohne Vorkenntnisse. Denn genau wie Kera habe ich keinerlei Ahnung von den nordischen Göttersagen und war dann auch ab und an mal überfordert von den vielen unterschiedlichen Clans und deren Charakteren. Ich denke, dass es auch gerade beim Einstieg in eine Reihe mit so aussergewöhnlichen Figuren jedoch den Rahmen sprengen würde, auf jeden Einzelnen einzugehen, trotzdem hätte ich mir hier und da ein wenig mehr Hintergrundwissen gewünscht. So musste ich das ein oder andere Mal Googel befragen, um was es denn da gerade geht, da ich hier keinerlei Vorwissen besitze.
Kera, die Protagonistin, fand ich zu Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, wobei ich durchaus Verständnis für sie hatte. Wie muss es sein, wenn man es gewohnt ist, dass alles in geregelten Bahnen läuft und dann soll man plötzlich ein ganz anderes Leben führen? Je mehr ich aber über sie erfuhr, desto sympathischer wurde sie mir, sie hat ihre Ecken und Kanten und genau das macht sie mir liebenswerter. Vig, ihr männliches Pendant, mochte ich sehr, der riesengroße, starke, äußerlich knallharte Kerl mit dem weichen Kern. Zwar überaus klischeehaft, aber trotzdem zum Schmelzen. Am meisten musste ich lachen, als ich erfuhr, was Kera zu Anfang über ihn dachte.
Die vielen Nebencharaktere haben mich anfangs überfordert und ich hatte so meine Schwierigkeiten, sie einzuordnen. Das wurde zwar immer besser, je weiter das Buch fortschritt, war aber für mich soweit der größte Kritikpunkt. Trotzdem gilt auch hier, ein paar mehr Erläuterungen wären einerseits vielleicht angebracht gewesen, andererseits hätte es den Rahmen gesprengt. Ich bin mir auf jeden Fall sicher, dass man alle Personen noch näher kennenlernt. Die Charaktere sind auf jeden Fall lebendig und mit genügend Eigenarten ausgestattet, dass es sie durchaus genau so geben könnte. Ich könnte jetzt keinen nennen, den ich nicht mochte und ich bin schon neugierig, wie es bei den Clans der nordischen Mythologie noch zu entdecken gibt.
Mein Fazit:
Humorvoll und spannend, kurzweilig und mit flüssigem Schreibstil, ganz frei Schnauze erzählt, hat mir dieses Buch gute Unterhaltung geliefert und für einige abwechslungsreiche Lesestunden gesorgt. Die Charaktere sind ungewöhnlich und lebendig und zogen mich mitten ins teilweise recht chaotische Geschehen. Kera und Vig als Protagonisten haben mir gut gefallen und besaßen ihre ganz individuellen Eigenarten, die sie mir näher brachten. Mein einziger Kritikpunkt ist hier, dass mir das ganz drum herum zu wenig erläutert wurde. Da ich persönlich keine Ahnung von nordischer Mythologie habe, musste ich doch das ein oder andere (Walküren, Ragnarök etc.) im schlauen Netz suchen, um einfach zu wissen, was das denn bedeutet. Trotzdem gibt es hier eine Leseempfehlung! Vier von fünf Sternen!