Rezension

Kein Weg führt weg

The Woods 1
von Nova Hill

Bewertet mit 3 Sternen

"Alle Wege führen zurück zu ihr. Ein Zwillingspaar. Einst waren sie Ivana. Heute haben sich Ira und Vanjo auseinandergelebt. Eine verlassene Lungenheilanstalt. Seit Jahren lebt hier niemand mehr. Denken sie. Zwei Gruppen. Im Wald treffen sie aufeinander. Keiner kennt den anderen wirklich. Aufkeimende Gefühle. Ist es möglich, im absoluten Finster sein Herz zu verlieren? Keuchen in der Nacht. Es nähert sich. Ein Ort. Ein Geheimnis. Kein Entkommen."
(Buchrückentext: Oetinger Verlag)

Bei „The Woods. Die vergessene Anstalt“ handelt es sich um den Auftaktband einer Jugend-Mystery-Reihe, die in die deutschen Wälder führt. Mitten im Wald steht eine vergessene Lungenheilanstalt. Es ist ein Lost Place, der seit Jahren mehr oder weniger unberührt ist.

Im Rahmen eines Biologieprojekts teilt sich eine Schulklasse in zwei Gruppen auf und erforscht die Natur des hiesigen Waldes. Dabei kommt eine davon vom Weg ab und gelangt zur mysteriösen Lungenheilanstalt. Egal, was sie versuchen, es gibt kein Entkommen. 

Normalerweise versuche ich den Inhalt kurz in eigenen Worten zu beschreiben. Diesmal wollte ich mit dem Buchrückentext zeigen, warum ich mich für das Buch entschieden habe. Deshalb habe ich diesen als Intro gewählt. Welcher Gruselfreund wird dabei nicht aufmerksam? Außerdem hat das Buch bemerkenswert viele begeisterte Bewertungen und daher hat es mich gelockt.

Ernüchtert stellte ich fest, dass es überhaupt nicht meinen Erwartungen entspricht. Im Mittelpunkt steht das Zwillingspaar Ivana beziehungsweise lernt man sie unter ihren Namen Ira und Vanjo kennen. Wie es manchmal ist, haben sich die Geschwister während ihrer Jugend auseinandergelebt und sind nicht mehr so innig, wie sie es in Kindheitstagen waren.

Hinzu kommt, dass Ira mit dem besten Freund ihres Bruders geht, was nur bedingt auf Freude stößt. 

Großteils geht es um die Gefühle der Zwillinge und die Emotionen sowie Gedanken der anderen Gruppenmitglieder. Sie versuchen, sich gegenseitig einzuschätzen, misstrauen sich und fürchten, dass jede:r ein falsches Spiel treibt.

Merkwürdig ist, als die Gruppe zur Lungenheilanstalt gelangt, kann sie dieser nicht mehr entkommen. Egal, in welche Richtung sie gehen, ständig kommen sie am Ende wieder bei dem verlassenen Gemäuer an. 

Damit ist der einzige fühlbare Gruselfaktor der Geschichte erzählt. Zwar kommt es laufend zu mysteriösen Vorkommnissen, diese empfand ich aber als zu plump, um Gänsehaut zu erregen. Die Atmosphäre bleibt auf der Strecke und der düstere Wald wird zur schablonenhaften Kulisse, weil sich die Autorin auf die Gefühle und Gedanken ihrer Figuren konzentriert. 

Sehr schade finde ich an der Umsetzung, dass der Plot enormes Gruselpotential in sich trägt, es aber aufgrund der ereignisarmen Handlung nicht auf eine höhere Spannungs- und Gruselebene schafft. Allein die Lungenheilanstalt als Lost Place hätte für ordentlich Nervenkitzel gesorgt. Doch Nova Hill behält ihre Gruppe außerhalb und lässt sie nur ansatzweise das Gebäude erkunden. Vielmehr konzentriert sich die Autorin darauf, was welches Gruppenmitglied über ein anderes denkt, als die Situation auszukosten und die Ereignisse anzutreiben.

Denn die Gruppe vagabundiert beinah das gesamte Buch über vor der Lungenheilanstalt herum, beschäftigt sich mit gruppeninternen Gefühlen und Irritationen und die Handlung an sich bleibt insgesamt dort stehen, wo sie am Anfang gestartet ist. 

Damit hatte ich mit „The Woods. Die vergessene Anstalt“ ein eher enttäuschendes Leseerlebnis. Statt gruseliger Grundstimmung habe ich das Gedankenrepertoire von Teenies erhalten, welches insgesamt eher klischeehaft gezeichnet ist. 

Meiner Meinung nach ist es eine Reihe für junge Leser:innen, die wenig Erfahrung im Genre haben und demzufolge müheloser zu beeindrucken sind.

Die Reihe:
1) The Woods. Die vergessene Anstalt
2) The Woods. Die verlorene Gruppe
3) The Woods. Die letzte Ankunft