Rezension

Kaltblütiger Mord und abgeschnitten von der Welt

Schneesturm -

Schneesturm
von Tríona Walsh

Düsterer Thriller mit einer Inselpolizistin, die über sich hinaus wächst

Schneesturm von Tríona Walsh, bei Fischer erschienen, spielt auf Inishmore, einer irischen Insel. Auf den ersten Seiten wird der Mord beschrieben und doch weiß man so gut wie nichts darüber. Szenenwechsel. Freunde, die sich jahrelang nicht gesehen haben, werden bei ihrem erneuten Treffen aufgrund eines Schneesturms von der Außenwelt abgeschnitten. Sie treffen sich zum zehnten Todestag von Cillian, der bei einer Bootstour ums Leben gekommen ist. Cara ist Polizistin und die Witwe. Seamus, der Bruder des Toten, ist Drehbuchautor in Kalifornien geworden. Daithi gehört der Pub im Ort. Maura ist die Grundschullehrerin der Insel, sie ist die ehemalige Freundin von Seamus. Der Eventmanager Ferdy und seine Frau Sorcha leben mittlerweile in London. Doch das Treffen steht unter keinem guten Stern.

Cara erreicht ein anonymer Anruf: eine Leiche schwimmt im Becken des Serpent´s Liar. Was für eine dramatische Szene! Ein krasser und gelungener Auftakt, als Cara mit Daithi versucht, die Leiche zu bergen. Es wird immer extremer. Das Wetter, die Stimmung zwischen den Freunden und auch die Ermittlungen. Cara folgt den Spuren des Mörders zeitweise in total durchnässter Kleidung. Dann taucht ein Zeuge auf. Und eine Nachricht des Mörders. Die Spannung nimmt zu und ich habe das Buch nicht aus der Hand legen können. Sind die Freunde ebenfalls in Gefahr? Zwar sind nicht alle Handlungen nachvollziehbar, aber die Figuren handeln oft unter Druck oder erschwerten Bedingungen, also damit auch für mich glaubhaft.

Die Autorin stimmt in eine sehr kalte und düstere Atmosphäre ein. Nicht nur wetterbedingt. Die Jugendfreunde haben sich lange nicht gesehen und entfremdet. Alle sind immer noch von dem damaligen Verlust gezeichnet. Es gibt Wortgefechte und Tränen. Alle benehmen sich verdächtig, jeder hat etwas zu verbergen. Cara fallen die Ermittlungen, besonders im Freundeskreis, nicht leicht. Erneut stirbt jemand. Cara kann es nicht verhindern und fühlt sich schuldig. Als Leser tappt man lange im Dunkeln, wer der Täter ist. Und was hat es mit dem Paket auf sich, das der Mörder bei ihnen sucht?

Im letzten Teil kommen endlich alle Geheimnisse der Freunde ans Licht und die Ereignisse überschlagen sich. Cara, die ja eigentlich nur eine Dorfpolizistin ist, wächst über sich hinaus und überrascht auch die Leser. Sie klärt alles restlos auf. Das Buch bleibt bis zum fulminanten Finale mit Todesfolgen extrem spannend. Für mich war das Motiv des Mörders am Ende nicht stark genug. Aber die Menschen begehen ja bekannterweise wegen kleinerer Dinge einen Mord, deshalb ist das vermutlich Geschmackssache. Insgesamt eher ein ruhiger Thriller, der die Spannung kontinuierlich aufbaut und erst am Schluss so richtig Fahrt aufnimmt.

Fazit: Die Debütautorin punktet mit atemberaubenden Naturbeschreibungen und einer überzeugend düsteren Atmosphäre, in der die Handlung wie ein Kammerspiel mit den nur wenigen Protagonisten eingebettet ist. Für mich eine Autorin, von der man sicher noch hören wird.