Rezension

Julia Wagner ist zurück

Todesruhe - Tanja Noy

Todesruhe
von Tanja Noy

Nach "Teufelsmord" ist "Todesruhe" das zweite Buch um die ehemalige Polizistin Julia Wagner. Auch wenn die Kurzbeschreibung anderes vermittelt, von aktiver Ermittlung von Seiten Julias kann in weiten Teilen des Buches keine Rede sein. "Todesruhe" schließt von der Handlung praktisch nahtlos an "Teufelsmord" an und wird, wie auch schon der erste Teil, getragen von zwei unterschiedlichen Ermittlungssträngen: da haben wir zum einen den Mord in der geschlossenen Psychiatrie, in der Julia derzeit als Patientin weilt, um die traumatischen Erlebnisse am Ende von "Teufelsmord" zu verarbeiten. Dieser Handlungsstrang ist in sich geschlossen und so auch ohne weiteres verständlich, wenn man den ersten Teil nicht kennt.

Zum anderen spielen aber auch die verworrenen Umstände in Bezug auf Julias Vater eine große Rolle, die ihren Anfang im ersten Teil nahmen und auch mit dem zweiten noch nicht beendet sind. Da wird einiges verständlicher, wenn man "Teufelsmord" gelesen hat, zwingend notwendig ist es aber nicht.

Wie oben bereits angesprochen, hat Julia Wagner hier eine deutlich passivere Rolle inne als in "Teufelsmord", wo sie praktisch im Alleingang die Ermittlungen übernommen hatte. Bis auf das letzte Drittel spielt sie eigentlich eine untergeordnete Rolle. Dafür lernen wir Zander, ihren Partner aus Polizistentagen, kenne und lieben. Dieser hängt sich nämlich ungefragt an die leitende Ermittlerin und lässt sich nicht wieder vertreiben - zu groß ist sein Beschützerinstinkt für Julia.
Bei Zander zeigt sich auch wieder Tanja Noys großes Geschick in Bezug auf Charaktere - eigenwillig, intelligent, kompetent und ohne Zweifel liebenswert, schließt der Leser Zander direkt ins Herz.
Etwas schwieriger fiel mir dies bei Charlotte Gärtner, der leitenden Ermittlerin in Bezug auf den Mord in der Psychiatrie - sympathisch auf menschlicher Ebene ist auch sie fraglos, erweckt im Verlauf der Handlung aber immer mehr einen leicht inkompetenten Eindruck, wodurch sie mir irgendwann leider auf die Nerven fiel.

Zu all diesen schon speziellen Hauptprotagonisten kommen dann noch die Patienten der geschlossenen Psychiatrie, bei denen man nie wirklich weiß, wer ist, was er zu sein vorgibt und was Schein oder Sein ist und Pflegepersonal, das mitunter gestörter erscheint als die Patienten und schon hat man einen großen Schmelztiegel voll Vermutungen, Ahnungen und Möglichkeiten, der den neugierigen Leser nicht mehr loslässt.

Wie bereits "Teufelsmord" wird "Todesruhe" in weiten Teilen dann auch von der Neugier des Lesers getragen und weniger durch Spannung, die dann gegen Ende aber deutlich ansteigt.

Alles in allem ein wirklich gut durchdachter, unterhaltsamer und viel zu schnell zu lesender zweite Teil, der auch mehr Neugier als Spannung erzeugt, was aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch tut. Allerdings hätte ich gern auch den Handlungsstrang um Julias Vater zu einem Abschluss gebracht, hoffe da aber jetzt auf "Höllenfrost", den dritten Teil, der im Juli erscheinen wird.