Rezension

Jockels Schweigen

Jockels Schweigen - Adriana Stern

Jockels Schweigen
von Adriana Stern

Bewertet mit 5 Sternen

Jockel, Davids fünf Jahre jüngerer Bruder, möchte unbedingt Schauspieler werden. Bisher hat er in einer Theatergruppe mitgewirkt, jedoch reizt ihn das nicht mehr, die Stücke gefallen ihm nicht und er möchte sowieso viel lieber zum Film. Er recherchiert im Internet und findet eine Agentur für junge Schauspieler - und die ist sogar kostenlos. Die Eltern von Jockel und David lehnen diesen Vorschlag ab, sie wollen, dass Jockel entweder Theater spielt, oder sich ein anderes Hobby sucht. Auch Chip, Davids bester Freund, rät David und Jockel von dieser Agentur ab. David bemerkt jedoch, wie verzweifelt Jockel ist, als sein Wunsch abgelehnt wird und meldet ihn bei der Agentur an, indem er die Unterschriften seiner Eltern fälscht.

David ist 16 Jahre alt und geht auf eine Gymnasium, den er möchte später Programmierer werden. In seiner Freizeit entwirft er zusammen mit seinem besten Freund Jewdokim, genannt Chip, ein Computerspiel, welches Chip programmiert. Zusammen sind sie ein Dream-Team und wollen die Welt der Computerspiele erobern. Außerdem spielt David noch auf hohem Niveau Snooker - ein Glück für ihn, den Chips Vater ist Mieter einer Pool-Halle.

Davids Mutter war bis dato Hausfrau und hat sich hauptsächlich um den 11-jährigen Jockel gekümmert, beschließt jedoch, eine Stelle im Kindergarten anzunehmen. Dadurch hat sie natürlich weniger Zeit für Jockel, der die neue Freizeit in der Agentur verbringt. Davids Vater ist Anäthesist und das Familienoberhaupt. Er sticht durch eine strenge, aber gerechte Erziehung seiner Söhne heraus.

Eines Tages begegnet David in der Pool-Halle Julia, genannt Julie. Sie ist Chips Schwester und mehr aus ungewöhnlich. Sie ist in der Punk-Szene, was David etwas aus dem Konzept bringt, jedoch verliebt er sich auf den ersten Blick in dieses ungewöhnliche Mädchen, den Julie ist warmherzig und verflucht clever. Auch Julie, die eine noch bessere Snooker-Spielerin ist als David, findet gefallen an David und beide werden ein Paar. Die Eltern von Chip und Julie sind Emigranten aus Russland, jedoch fest in Deutschland verankert.

Dann jedoch geschieht etwas Unfassbares. Der Vater von Chip und Jockel begeht in der Klinik einen Fehler, der einem jungen Mädchen fast das Leben kostet. Die Familie ist erschüttert, den gerade der Vater war immer darauf bedacht, keine Fehler zu begehen und anderen ein gutes Vorbild zu sein. Er spricht offen mit seiner Familie darüber, dass er sich in seiner Arbeit nicht wohl fühlt - ja teilweise überfordert durch die Kosteneinsparungen usw. - undeine Ausbildung in eine andere Fachrichtung machen möchte. Seine Familie unterstützt ihn in diesem Wunsch. Doch zu dieser Zeit beginnen bei Jockel Veränderungen auffällig zu werden. Zuerst geht die Familie davon aus, dass Jockel sensibel auf den Umbruch in der Familie reagiert, doch die Veränderungen gehen immer weiter und werden tiefer. Er flucht, belügt seine Eltern und David, er schwänzt die Schule und trinkt Alkohol. Auch Chip benimmt sich immer eigenartiger, wird immer schweigsamer und bleibt für sich.

David und Julie finden eine Parallele in Jockels und Chips Leben und beschließen herauszufinden, was genau die Beiden verbindet und warum sie sich derartig verändert haben. Doch was sie entdecken, ist schlimmer als alles, was sie erwartet haben. Die Agentur, bei der es sich eher um einen Jugendclub handelt, ist Teil eines Pädophilen-Ringes. Als David Beweise stiehlt, kommen ihnen die Täter auf die Spur ...

Dieses Buch ist einem Thema gewidmet, das uns alle angeht. Den Gewalt gegen Kinder, in diesem Fall sexuelle Gewalt und Missbrauch an Jungen, geht uns alle was an und es darf nicht totgeschwiegen werden. Denn nur durch das Schweigen haben Täter Macht.

Adriana Stern, eine Schriftstellerin, die man sich merken sollte, hat sich in diesem Buch mit diesem schwierigen Thema auseinandergesetzt. Der Schreibtstil entspricht dem einen Jugendbuches, wunderbar flüssig zu lesen und das bei einem sehr schwierigen Thema. Ganz besonders möchte ich hervorheben, dass in diesem Buch sehr viel auf die Gedanken des jeweiligen Handelnden eingegangen wird, ja ganze Textpassagen von Chips Gedanken (das Bindungsglied zu allem) sind besonders hervorgehoben, aber auch bei den anderen Akteuren dürfen wir in ihre Gedankenwelt hineinschauen. Auch versteht es die Autorin wunderbar, die Spannung aufrecht zu erhalten, ja teilweise sogar noch zu steigern, sodass man das Buch eigentlich gar nicht mehr aus der Hand legen möchte, weil man unbedingt wissen will, wie es weiter geht.