Rezension

Endlich zuhause...

Das Land der roten Sonne - Harmony Verna

Das Land der roten Sonne
von Harmony Verna

Bewertet mit 5 Sternen

1898 Australien. Die kleine Leonora wurde von ihrem Vater mitten in der Wüste ausgesetzt, wo sie unter einem Baum von dem Wanderarbeiter Ghan in letzter Sekunde gefunden wird. Ghan bringt das schwer kranke Mädchen in die nächste Stadt zum Doktor, bei dessen Ehefrau das Kind erst einmal bleibt. Doch leider kann Leonora dort auf Dauer nicht bleiben, sie kommt in ein Waisenhaus, dass von einem Priester geleitet wird und trifft dort auf James. Schon bald sind sich die beiden Kinder eng verbunden. James lebt schon seit seiner Geburt im Waisenhaus und kennt seine irischen Eltern nicht. Als ein Brief aus Irland eintrifft und seine Verwandten nach Australien kommen, verlässt James das Waisenhaus, um bei ihnen zu leben. Dabei verliert er Leonora aus den Augen, denn die wird von einem reichen Unternehmerehepaar adoptiert und reist mit ihnen nach Amerika, wo sie fortan leben wird. Erst als verheiratete Frau betritt Leonora wieder australischen Boden und fühlt sich endlich wieder zuhause, nachdem sie sich in den USA nie heimisch gefühlt hat. Das sollte ihre eigentliche Entschädigung sein für eine Ehe mit einem Mann, den sie nicht liebt. Aber nach all den Jahren steht plötzlich James vor Leonora, denn er arbeitet für ihren Ehemann. Die alte Verbundenheit zwischen den beiden bricht sich Bahn und schon bald flackert das Feuer der Liebe zwischen ihnen. Doch sie haben Alexander vergessen, Leonoras Ehemann…
Harmony Verna hat mit ihrem Buch "Das Land der roten Sonne" einen wunderschönen und spannenden historischen Roman vor der exotischen Kulisse des australischen Kontinents vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und bildhaft, der Leser taucht mit der ersten Seite in die Handlung ein und begleitet als Schatten das Leben von Leonora von Kindheit an. Die Handlung wird aus einigen Perspektivwechseln erzählt, die die Geschichte dadurch komplexer und noch intensiver werden lassen. Der Spannungsbogen wird gleich in den ersten Seiten gut aufgebaut, steigert sich aber im Verlauf der Handlung immer weiter. Die Autorin versteht es mit ihrer bildhaften und lebendigen Sprache, dem Leser einen wunderbaren Eindruck über die Landschaft und die gesellschaftlich verschiedenen Lebensformen aufzuzeigen. Beim Lesen läuft regelrecht ein Kinofilm im Kopf ab und der Leser befindet sich in einer anderen Welt. Oftmals geht einem das Setting von "Jenseits in Afrika" durch den Kopf, was als Kompliment gemeint ist.
Die Charaktere wurden von der Autorin wunderbar in Szene gesetzt, sehr fein und liebevoll ausgestaltet. Neben ihren Ecken und Kanten stecken auch Grausamkeit, Mitleid, Missgunst und andere menschliche Eigenschaften in ihnen, so dass sie sehr lebensecht und authentisch wirken und man mit ihnen mitfühlen kann bzw. sie auch oftmals zum Teufel wünscht. Leonora ist eine sehr sympathische Frau, die schon einige schwere Schicksalsschläge in ihrem Leben hinnehmen musste. Zu Beginn wirkt sie wie ein verängstigtes kleines Mädchen, doch je älter sie wird, umso mehr gewinnt sie an Stärke. Bei einigen Situationen wächst sie sogar über sich hinaus. Leonora ist mitfühlend, zurückhaltend, empathisch und liebevoll. Sie macht keine Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten. James ist ein toller Mann, der zupacken kann und ein gutes Herz in sich trägt. Er behält seine Sehnsüchte für sich und geht einen Schritt nach dem anderen. Er ist eher der schweigsame Typ, doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen, denn er ist stets zur Stelle, für die Menschen einzustehen, die ihm wichtig und ans Herz gewachsen sind. Alex ist ein Blender und Egoist, selbstherrlich und brutal, er denkt nur an sich selbst und dass die Menschen um ihn herum ihm zu Willen sind. Ghan ist ein alter Wanderarbeiter, der oftmals abgebrüht wirkt, allerdings ein weiches Herz hat. Auch die anderen Charaktere sind wunderschön in Szene gesetzt und tragen mit ihren kleinen Episoden zur spannenden Geschichte bei.
"Das Land der roten Sonne" ist ein opulenter, wunderschön erzählter historischer Roman, der einen tief im Inneren berührt. Alle, die zauberhaft geschriebene Liebes- und Lebensgeschichten mögen, werden mit diesem Buch ein wirkliches Highlight in den Händen halten. Absolute Leseempfehlung! Chapeau, besser geht es nicht!