Rezension

Emotionale und unkonventionelle Geschichte, die zum Fühlen anregt

Oben Erde, unten Himmel -

Oben Erde, unten Himmel
von Milena Michiko Flasar

Bewertet mit 4 Sternen

CN: Tod, Depression, Krankheit, Einsamkeit

„Leben probiert man nicht aus. Man lebt es einfach. Es gibt keine Generalprobe. Keine Wiederholungen.“

Suzu lebt in einer japanischen Großstadt. Alleinstehend mit Hamster, wie sie selbst sagt. Und damit hat sie kein Problem: Gesellschaft, Freund*innenschaften und romantische Beziehungen scheinen sie zu überfordern oder schlicht nicht zu interessieren. Bis sie eines Tages auf der Suche nach einem neuen Job ist und auf Herrn Sakai trifft. Dieser stellt sie an. Als Leichenfundortreinigerin. Was anfangs abstoßend klingt und in Teilen auch durchaus ist*, entwickelt sich zu einer Leidenschaft. Fokussiert wird sich vor allem auf die Kodokusha - Menschen, die sozial isoliert lebten und einsam gestorben sind. Herr Sakai übernimmt nicht nur als Arbeitgeber eine Schlüsselrolle, sondern insbesondere als Bindeglied zwischen den etwas eigentümlichen Kolleg*innen. Der neue Job und das langsame Kennenlernen ihres Kollegen Takada stößt bei Suzu einen Reflektionsprozess über ihre eigene Einsamkeit an.

Milena Michiko Flašar hat einen zarten und respektvollen Roman über Einsamkeit, Sterben und die Beziehungen eines Lebens geschrieben. Und obwohl ich an einigen Stellen schlucken musste, weil das Thema Tod nunmal kein leichtes ist, war das Buch wie eine sprachliche Umarmung, die demütig macht. Den beschriebenen Beziehungen liegt keine Romantik zugrunde und manchmal sind sie so subtil, dass sie kaum auffallen. Trotzdem lässt sich so viel Liebe im Buch finden, dass es einfach heilsam wirkt. Ein Glossar am Ende erklärt alle verwendeten japanischen Begriffe und holt damit alle Lesenden am gleichen Ort ab.

*Tote Körper werden nicht beschrieben, manche Schilderungen der Orte und der Rückstände sind aber durchaus unangenehm. Ich bin ziemlich sensibel beim Thema Tod und fand es sehr gut aufgefangen.